Ich lud mir den Teller mit frühstück voll und wählte meine Worte mit bedacht. Angefangen mit dem Irrwicht der Doe-Zwillinge, der äußerst verstörend für die beiden gewesen sein soll, bsi hin zu dir, der du dich heldenhaft vor sie gestellt hast und ein genauso gruseliges Bild vom Irrwicht bekommen hast.

Etwa so, ja, aber glaube mir, wenn ich erst einmal loslege bekommt es auch wirklich die ganze Schule mit. ich grinste Aurelien mit einem mörderischen Funkeln, aber fast liebenswertem Grinsen an.

Ja, das ist wohl alles sehr wahr. Die beiden hatten Angst davor getrennt zu werden, wenn ich das richtig verstanden habe. Sie- Sie konnten den Zauber nicht anwenden, sie waren regelrecht in Schockstarre., erzählte ich langsam und schluckte schwer, als sich meine Kehle wie Staub anfühlte, Mein Irrwicht- also, mein Irrwicht- Ich stockte, während ich so leise wurde, dass man es kaum hören konnte, außer wenn man direkt neben mir saß, was wohl nur bei Alexander der Fall war, der Platz neben mir war frei. Es sind Hannah und Beth. Ich sehe sie in meinen Albträumen, in meinem Irrwicht, a-aber das sind nicht die einzigen Male, bei denen ich sie sehe.

Ich hörte Josh aufmerksam zu, ich konnte zwar ahnen was sein Irrwicht war, doch konnte dann nicht viel damit anfangen was er Zuletzt sagte. Ich legte leicht den Kopf schief und sah Josh fragend an. Wie meinst du das?

Hannah und Beth, die Erinnerungen an sie, sie verfolgen mich., sagte ich schnell und ich wusste, dass das eigentlich vollkommen ausreichen würde, um Alexander seine Frage zu beantworten. Andererseits saß er gerade neben mir, nach all den schrecklichen Dingen, die er über mich erfahren hatte, nachdem er mich die ganze Nacht gehalten hatte. Es wäre nicht fair, ihm nicht die gesamte Wahrheit zu erzählen. I-Ich weiß es selbst nicht, ich nehme diese Muggelmedikamente dagegen, aber sie helfen nicht wirklich. Sie sagen ich wäre depressiv, aber das ist es nicht- manchmal-manchmal ist es so als wären Hannah und Beth wieder da., sagte ich nun mit vollkommen gesenkter Stimme, sodass mich niemand sonst hören konnte, mein Blick starr auf den Tisch vor mir fixiert, Manchmal höre ich sie, manchmal sehe ich sie. Sie verfolgen mich.

Ich hörte Josh zu und wusste wirklich nicht was ich tun sollte, er tat mir leid, denn es musste furchtbar sein die Vergangenheit nicht ruhen lassen zu können, oder eher nicht von ihr in Ruhe gelassen zu werden. Ich kannte mich mit der Psyche eines Menschen kaum aus, glücklicherweise war ich größeren Schäden durch meine Vergangenheit entkommen, bis auf einige unwesentliche Details, doch Josh hatte dieses Glück nicht gehabt. Ich zögerte kurz etwas unsicher, doch legte dem jüngeren Lehrer dann einen Arm um die Schultern, es war mein menschlicher, denn Josh saß auf der richtigen Seite dafür. Das klingt furchtbar, aber du machst weiter. Du bist so unglaublich stark.

Ich kann oft an nichts anderes denken, sie haben so viel durchgemacht. Wie haben sie sich wohl gefühlt? Waren sie in Panik? All diese Gefühle, die meine Schwestern damals auf einmal gespürt haben und jetzt sind sie weg. Ich raufte mir die Haare und schluckte nur schwer meine Tränen hinunter, während ich meinen Kopf beinahe etwas unkontrolliert schüttelte, ich konnte mit dieser Schuld einfach nicht leben. Sie verfolgte mich, nicht nur im mentalen, sondern auch im echten Sinn, zumindest für mich. Sie waren hier, ich konnte sie sehen, hören, sie waren da und dann wieder weg, aber sie waren da. Ich wollte nichts anderes als Rache, aber es gab niemanden, an dem ich mich rächen konnte, a-außer mir., sagte ich mit noch leiserer Stimme, ich wollte meine Gedanken lieber gar nicht laut aussprechen, bevor ich beinahe flehend zu Alexander sah, Es tut mir leid.

Ich zog Josh sanft, aber bestimmt, an mich und hielt ihn da einfach fest, bis er sich wieder etwas beruhigt hatte, da er auch weiterhin recht leise redete lenkten wir keine Aufmerksamkeit auf mich, niemand achtete auf uns, das war wohl sehr gut so. Es muss dir nicht leid tun, nichts davon ist deine Schuld. Ich wünschte ich könnte dir helfen, aber ich weiß nicht wie, aber aber entschuldige dich nie dafür, dass dir etwas zu schaffen macht.

Ich versuche wieder besser zu werden, aber bisher ist es nicht so einfach., murmelte ich leise, während ich meine Hände in den Kragen seines Pelzanzuges krallte, denn ich wusste wirklich nicht wie. Ich hatte alles versucht, Heiler, den Muggelweg, aber bisher hatte ich noch keine Lösung gefunden. Ich hatte mit Poppy darüber gesprochen und sie würde sich für mich umhören, blieb nur zu hoffen, dass sie mir irgendetwas finden konnte, was mich wieder besser werden ließ. Ich vermisste sie einfach so sehr. Meine Stimme klang leise, gebrochen, es verging kein Tag, an dem ich mir nicht meine Schwestern zurückwünschte.

Ich verstehe. Es konnte nicht einfach sein, das war es wohl nie, schon nicht, wenn man jemanden auf normalem Wege verlor. Was es mit der Psyche eines Menschen anstellte, der jemanden auf so traumatische Art verlor war kaum vorstellbar. Wieder einmal war ich froh, dass dieser Kelch an mir vorbei gegangen war, auch an meinen Geschwistern, sie waren damals noch zu jung gewesen um vollkommen zu erfassen was passiert war und gemeinsam hatten wir alles was folgte geschafft zu verarbeiten, doch immerhin hatten wir einander gehabt und keiner von uns vieren war gestorben. Willst du mir ein bisschen was über sie erzählen?

Ich zögerte kurz, während ich mich wieder etwas von Alexander löste, denn so angenehm es war einfach in seinen Armen die Welt vergessen zu wollen, eigentlich hatte er recht, vielleicht wollte ich wirklich etwas über die beiden sprechen. Zuerst kamen noch keine Worte aus meinem Mund, aber dann schaffte ich es endlich, etwas zu sagen. Obwohl Hannah eigentlich die ältere der Zwillinge war, war sie immer unser Nesthäkchen. Sie hat viel zu schnell vertraut und sich damals schon in der Schule unsterblich in Typen verliebt, die sie nicht verdient haben. Sie hatte sich damals sogar ein Tattoo stechen lassen, weil ihr ein Magazin gesagt hat, sie solle etwas unüberlegtes tun. Es war auch wirklich sehr unüberlegt, aber es war wenigstens ein schöner Schmetterling., erzählte ich, ich lächelte leicht, aber es war nicht wirklich fröhlich, Beth hingegen war immer sehr beschützerisch, sie konnte sich immer durchsetzen und sie war einer der besten Duellanten, die ich kenne, neben dir natürlich. Ich lachte leise, aber auch dieses Lachen war nicht wirklich fröhlich. Sie war auch sehr intelligent, aber ihr Mut und ihr Beschützerinstinkt hat immer überwogen, wahrscheinlich ist sie deswegen auch nach Gryffindor und nicht nach Ravenclaw gekommen.

Ich lächelte leicht, als Johs auflachte und ließ ihn in Ruhe weiter erzählen. Es war sicherlich schmerzhaft über die beiden zu erzählen, aber ich war mir sicher, dass es meistens half über jene zu reden, die man verloren hatte, denn so waren sie nie vollkommen fort. Ein Schmetterling... immerhin ein schönes Tattoo. Und Beth war der einzige Gryffindor von euch drei. Sie war wirklich sehr mutig, ich erinnere mich.

"Schon der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien kann in Texas einen Orkan auslösen." Mein ehemaliger bester Freund hatte mir das damals gesagt, ich wusste damals nur nicht, was ich damit anfangen konnte. Ich habe keine meiner Freunde nach dem Vorfall wieder gesehen. Außer Ashley, aber sie hatte es wohl sehr klar gemacht, dass wir keine Freunde mehr waren. Viel mehr das absolute Gegenteil. Beth war etwas besonderes, wir waren viel alleine zuhause, deshalb hab ich immer versucht auf sie aufzupassen und ihnen viel abzunehmen, aber Beth stand sehr schnell auf ihren eigenen Beinen. Dafür habe ich sie immer ein wenig beneidet.

Ob man solche Freunde wirklich als Freunde bezeichnen konnte fand ich durchaus fraglich. Waren es denn wahre Freunde, wenn sie sich von einem abwandten, weil etwas schlimmes in deinem Leben passierte? Ich sprach das allerdings nicht aus und nickte nur zustimmend zu diesem Spruch, denn alles auf dieser Welt hing irgendwie zusammen und ich konnte diesen Spruch durchaus nachvollziehen. Ich bin sicher du warst auch nicht weit hinter Beth, aber sie war da wohl wirklich einzigartig.

Ja, ich wünschte nur, ich könnte sie wiedersehen., meinte ich und lächelte dann etwas bitter, bevor ich zu Alexander hochlächelte, Danke, fürs zuhören.