Nun galt es, ich wusste genau wovor ich am meisten Angst hatte und was ich tun würde um es lustig zu gestalten. Der Irrwicht kam aus dem Schrank und nahm die Form eines Körpers an, meines Körpers. Ich verengte die Augen und umfasste fester meinen Zauberstab. Mein eigenes Selbst sah ausgebrannt aus, leer, wie nur eine Hülle. Es trug ein blaues Kleid und eine weiße Schürze auf der stand "Trophy". Es mochte für andere schwer zu erkennen sein, doch meine größte Angst stellte das gebannt sein in ein einziges Geschlecht dar, es wäre als wenn ein Teil aus mir herausgeschnitten worden wäre. Ich biss die Zähne zusammen, als der Irrwicht mir seine Augen zuwandte und mit einem Finger auf mich zeigte. Riddikulus! Der Irrwicht änderte seine komplette Form, aus den weiblichen Kurven wurde ein Mann, aus dem Kleid ein Anzug. Vor mir stand nun mein Vater, braunhaarig, dunklere Haut, ernster Blick. Sofort begann ich zu lachen und das nicht gerade wenig, der Irrwicht wich zurück und ich musste mich auf meine Knie stützen um nicht vor Lachen umzufallen. Außer mir lachte aus der Klasse allerdings kaum jemand, die meisten starrten mich nur verständnislos an, während ich den Spaß meines Lebens hatte. Der Irrwicht, irritiert von meinem Lachen, wich in Richtung Schrank zurück. Ich wischte mir über die Augen, richtete mich auf und trat grinsend zur Seite.

Jeder Irrwicht würde mir wohl auch etwas über meine Schüler verraten, aber ich würde nichts dazu sagen, denn gerade ich wusste wie es war seiner größten Angst gegenübertreten zu müssen. Nur dass ich es nicht nur einmal, sondern immer und immer wieder in meinen Episoden und Träumen tat. Mr. Fierro schien allerdings seiner Angst mutig entgegenzutreten, die sich wohl als eine andere Version seiner Selbst herausstellte, auch wenn seine Klassenkameraden seinen Humor nicht teilten. Der Irrwicht stolperte getroffen nach hinten und ich nickte anerkennend, Ausgezeichnet, genauso habe ich mir das vorgestellt, die Nächste, bitte. Als nächstes trat ein Slytherinmädchen nach vorne, ihre Angst entpuppte sich als Spinnen, nichts ungewöhnliches, und auch nachdem ersten Schreck hatte sie kein Problem die vielen kleinen Spinnen in einen Haufen tanzender kleinen Knuddelmuffs zu verwandeln, was ihre Klassenkameraden offenbar auch recht lustig empfanden. Sehr gut, der Nächste bitte., bat ich den nächsten Schüler nach vorne, Mr. Burke, der davor bereits sein Wissen uns allen demonstriert hatte, ich hatte also kaum Bedenken, dass er die Übung nicht auch meistern würde, wie seine beiden Vorgänger.

Über Alex' Humor konnte ich nur den Kopf schütteln, da war mir der des Mädchens, das nach ihm dran war schon deutlich lieber, aber ein kleines Lächeln konnte ich kaum vermeiden, als ich beobachtete, wie sich Alex halb totlachte, während die anderen aus der Klasse größtenteils irritiert oder vollkommen verwirrt waren. Trotzdem, allzu viel Zeit hatte ich nicht darüber nachzudenken, auch wenn ich mich fragte, warum genau er sich diesen Mann ausgesucht hatte für den "Riddikulus" ausgesucht hatte. Ich trat sofort nach vorne, als ich aufgerufen wurde und atmete einmal tief durch, während der Irrwicht mich fokussierte und sofort zu einem unendlich tief wirkendem Wasserloch am Boden wurde. Man hörte Flüstern in einer Sprache, die die meisten hier nicht verstanden, Meerisch, der Sprache der Wassermenschen. Weil sie unter Wasser war, klang diese Sprache tatsächlich sehr ähnlich den menschlichen Sprachen, doch nur ich könnte verstehen, was genau sie sagten. Hin und wieder meinte man Gestalten sehen zu können, reichte da etwas eine Hand aus dem Wasser? Ich umfasste meinen Zauberstab fester und trat meinen Sorgen entgegen, dem tiefen Loch, das mich zu verschlingen drohte, zumindest in meinem Kopf. Es mochte nicht offensichtlich sein, doch viele Gedanken rauschten durch meinen Kopf, mein unendlich tiefer Liebeskummer, ewig in mir verankert, das "anders sein", die Gerüchte, die Ausgrenzung, der Hass. Riddikulus!, rief ich und das Wasserloch wandelte sich sofort in eine Wasserrutsche, voller lächerlich riesiger Badeenten und gigantischen Schwimmreifen. Zufrieden lachte ich leise, es war vielmehr eine Art höfliches Kichern, doch es reichte, um auch in meinen Fall den Irrwicht zu besiegen und gelassen trat ich zur Seite.

Alex' Humor war... speziell, auch wir lachten nicht darüber, denn das war wohl ein Insider. Ich fragte mich wirklich wer dieser Mann war, in den sie ihr Ebenbild verwandelt hatte, jedenfalls amüsierte er sie offenbat genug um den Irrwicht zu schwächen. Die Spinnen die zu Knuddelmuffs wurden brachten mich zu lachen, dann war Aurelien dran, dessen Irrwicht ein tiefes Wasserloch zu sein schien, aus dem seltsame Laute klangen. Ich verstand nicht was sie sagten oder was Aurelien solche Angst daran machte, auch wenn es etwas unheimlich war, doch dann verwandelte er es in eine Wasserrutsche, was mich wieder Lachen ließ. Noch zwei Schüler waren vor uns dran, einer hatte offenbar Angst vor Clowns, dieser wurde zu einer tanzenden Blumenfee, und die andere fürchtete sich vor Hunden, welchen sie ein kuscheliges, rosa Kaninchen verwandelte. Dann waren wir dran, wir traten vor und der Irrwicht wandte sich uns zu. Mein Herz raste und ich sah unserem Gegner mit geweiteten Augen entgegen. Der Irrwicht begann seine Form zu ändern, es dauerte etwas länger, da er zwei Personen vor sich hatte, erst schien es als würde er keine Form annehmen, doch dann manifestierte sich mit einem Mal ein Mann in weißem Kittel und mit Maske vor uns, der eine Kettensäge schwang und auf uns zu eilte. "Teufelsbrut! Trennen! Nur einer darf leben!" Meine Begeisterung wandelte sich innerhalb einer halben Sekunden in eiskalte Furcht, aus meinem Gesicht wich jegliches Blut, nun war ich so bleich wie Frey es schon die ganze Zeit gewesen war. Ich war nervös gewesen, jetzt hatte ich Angst, eiskalte, erstarrende Angst, die es nur noch zuließ, dass ich dem Irrwicht entgegen sah. Wir waren wie festgefroren auf dem sonst eher warmen Holzboden, der Irrwicht stürzte, weiterhin Sachen kreischend, wie eine durchgedrehte Person, auf uns zu, die sehr real wirkende Kettensäge schwingend, auf uns zu.

Ich lehnte mich an die Wand und beobachtete wie sich die anderen schlugen, Aurelien starrte in ein tiefes Wasserloch, das er in eine Rutsche verwandelte, was auch immer das zu bedeuten hatte, dann folgten wieder ein paar lamgweilige Irrwichte, mich interessierten diese Schüler nicht, allerdings als die Does an die Reihe kamen wurde es wieder interessanter, denn vor ihnen bildete sich eine Figur, die aus einer Muggel-Horrorgeschichte entstiegen sein könnte und... sie bewegten sich nicht, nicht einmal ein Versuch den Irrwicht zu wandeln, sie starrten ihn an wie das Kaninchen vor der Schlange. Ich war mir nicht sicher in wie weit ein Irrwicht einen Zauberer physisch verletzen konnte, aber gefährlich wirkte das schon.

Ausgezeichnet, Mr. Burke., lobte ich den Gryffindor und nickte ihm zu, auch wenn er zuvor zögerlich gewirkt hatte, so hatte ich doch über die gigantischen Badeenten auf seiner Wasserrutsche lachen müssen. Bisher lief wirklich alles reibungslos ab, der Slytherinschüler und die Gryffindorschülerin, die nachher folgten, schienen keine Probleme damit zu haben ihren Ängsten entgegenzuschauen. Clowns und Hunde, beides keine ungewöhnlichen Ängste, aber ich würde es mir merken, damit Wolfie zu ihr ein wenig Abstand halten würde, der die Situation immer noch ruhig von seinem Platz in der Ecke beobachtete. Doch dann waren die Doe-Zwillinge an der Reihe und während sich der Irrwicht in einen weiß gekleideten Mann verwandelte, der mit einer Kettensäge auf die beiden zustürmte. Ein Irrwicht lebte von der Angst, er alleine konnte einen Zauberer nicht verletzen, aber durch die Furcht wurde er immer stärker und stärker. Die beiden bewegten sich nicht, es dauerte zu lange, während der Mann mit der Kettensäge immer näher kam. Aus dem Weg! Ich drängte mich zwischen den Schülern, welche die Übung bereits geschafft hatten, hindurch und kam gerade noch rechtzeitig zwischen den Irrwicht und die siamesischen Zwillinge, denn ich wollte ihnen jedes weitere Trauma ersparen. Der Irrwicht begann sich sofort wieder zu wandeln, während bereits leiser Gesang im Hintergrund zu hören war. "Lieber Bruder, lieber Bruder, lebst du noch? Lebst du noch? Hörst du nicht die Glocken? Hört du nicht die-" Ein manisches Lachen unterbrach den Gesang und da standen sie bereits vor mir, meine beiden Schwestern, links Hannah und rechts Beth, voller Blut, wie lebendige Leichen, die gerade aus ihrem Grab auferstanden waren. "Joshua, jetzt bist du bei uns. Familie.", sagte Hannah, ihre Augen milchig weiß und ihre Zähne lang und spitz. "Warum hast du uns nicht gerettet? Wolltest du das?", beschuldigte mich Beth hysterisch, während ihr Fleisch immer mehr zu verrotten schien, doch ich hatte nicht vor, sie weitersprechen zu lassen, denn ich hatte meinen Zauberstab bereits gezückt. Ohne zu zögern trat ich meiner Angst entgegen und sagte mit fester Stimme, Riddikulus! Die beiden Horrorgestalten, die wohl einmal meine Schwestern verkörpert hatten, wandelten sich sofort in meine zwei Schwestern, eine jüngere Version in Schuluniformen, Hufflepuff und Gryffindor, wie sie gerade Dumbledore Explodiert! spielten, immer schon ein lustiges Spiel, was mich auch leicht schmunzeln ließ, stieß den Irrwicht damit zurück und verschloss ihn wieder in dem Schrank, aus dem er gekommen war. Sofort drehte ich mich wieder zu den Zwillingen, um sie besorgt zu mustern und zu fragen, Ist alles in Ordnung bei euch?

Es ging alles recht locker vor sich hin, weshalb ich mich sehr erschrak, als Frey und Freya nach den anderen beiden, die vor ihnen und nach mir dran gewesen waren, einfach so erstarrten, scheinbar ohne sich gegen den Irrwicht wehren zu können. Unser Professor intervenierte sofort und der wirklich angsteinflößende Mann mit dieser Art Muggelwaffe verschwand wieder, doch wurde durch ein ebenfalls furchterregendes Bild von zwei Frauen ersetzt, ich konnte nicht sagen, ob sie Vampire oder einfach nur tot waren, während zuerst ein schauriges Lied erklang und die beiden dann hysterisch zu reden begannen, doch unser Professor kümmerte sich schnell darum und schloss den Irrwicht wieder weg. Besorgt musterte ich Frey und Freya, während ich mich fragte, was genau da gerade passiert war.

Klappernde fielen zwei Zauberstäbe zu Boden, als wir beide unseren Arm um den jeweils anderen schlangen als könnten wir uns so zusammenhalten, selbst wenn wir geteilt würden, was dann allerdings nicht passierte. Wir bekamen kaum mit was dann geschah, Professor Washingtons Rücken ersetzte plötzlich den Mann mit der Motorsäge und die Geräusche klangen nur wie sinnloses gekreische in unseren Ohren. Dann war es vorbei, Stille kehrte ein und der Professor drehte sich zu uns um. Wir zitterten am ganzen Leib, eine Angst an die wir nie gedacht hatten, tief in uns verwurzelt, hatte uns erfasst, die Angst davor getrennt zu werden. Ohne den anderen waren keiner von uns überlebensfähig, doch die Vorstellung, dass es doch jemand versuchen könnte, die ferne Erinnerung an einen Moment kurz nach unserer Geburt, nicht greifbar, aber tief in uns verwurzelt, hatte uns schwer getroffen. Wo ich sonst immer lachte oder grinste, war nur starre Angst in meinem Gesicht zu sehen, nur langsam wandte ich meine Augen auf den Professor, war mir aber nicht sicher wie ich ihm antworten sollte. Es war nicht alles in Ordnung, natürlich nicht. Ich wollte Frey nicht loslassen, auf gar keinen Fall, ich konnte es nicht einmal. Mir ging es wie meinem Bruder, meine Finger schienen sich in seine Seite verhakt zu haben. Dennoch schaffte ich es dem Professor eine kurze Antwort zu geben, meine Stimme zitterte und war kaum zu hören. Wird schon.

Diese Stunde wurde zu einem richtigen Horrorfilm, als aus dem Irren im weißen Mantel zwei Frauen wurde, die eine wirkte wie ein Vampir, die andere als wäre sie schon ganz tot, die den Raum mit Gesang und Gekreische erfüllten. Ich bekam doch leichte Gänsehaut, auch wenn ich wusste, dass das nicht wirklich echt war. Dann aber verbannte Professor Washington den Irrwicht zurück in seinen Schrank und wandte sich den Zwillingen zu, die si durchgeschüttelt wirkten, dass sie sogar bei mir etwas mittleid auslösten, so hatte ich die beiden auch noch nie gesehen. Ich blieb wo ich war, die Arme verschränkt, an einen der Tische gelehnt, doch mein Blick glitt im Raum umher, um zu sehen wie die einzelnen Schüler reagierten.

Die beiden wirkten deutlich verstört, verständlich, wenn man seiner Angst entgegenschauen musste, besonders ohne sich wehren zu können, denn man musste auch in der Lage sein ihn schon vorher in seinem Kopf lächerlich zu machen, doch immerhin einer der beiden schien ansprechbar zu sein. Ich nickte und sah mich dann um, die anderen Schüler wirkten auch alle eher betroffen, bevor ich mich wieder an die Zwillinge wandte. Vielleicht setzt ihr euch lieber hin., meinte ich vorsichtig und schwenkte meinen Zauberstab, um einen der Tische mit Stühlen wieder richtig hinzustellen, Ihr könnt euch Schokofrösche oder Quiekende Zuckermäuse aussuchen, wenn ihr einen beruhigenden Trank möchtet, kann euch jemand in den Krankenflügel begleiten. Ich hatte meine Stimme so gehalten, dass sie ruhig und leise blieb und ihre Klassenkameraden um uns herum mein Gespräch mit den beiden nicht unbedingt mithörten mussten, dann wandte ich mich aber noch kurz an die gesamte Klasse. Eine Pause für euch, zehn Minuten!

Schweigend gesellte ich mich zu Alex, indem ich mich ebenfalls an den Tisch lehnte, während ich meinen Blick erst einmal abwandte, denn ich war mir sicher, dass Anstarren den beiden nicht unbedingt helfen würde. Damit habe ich jetzt wirklich nicht gerechnet., dachte ich, während ich meine verschränkten Hände intensiv beobachtete.

Ich nickte kaum merklich und lehnte dann meinen Kopf gegen Freyas, um ihn ein bisschen aufzurütteln. Ich fokussierte meinen Blick wieder ein bisschen, auch wenn ich in Gedanken immer noch weit weg war. Vorsichtig und recht desorientiert wirkend stolperten wir zum Stuhl und ließen uns darauf fallen. Eine Weile starrten wir beide wieder nur gerade aus, die Finger auf der Seite des anderen vergraben. Schließlich nahm ich einen zittrigen Atemzug und sah Professor Washington mit einem versuchten Lächeln an. Schokofrösche?

Professor Washington kümmerte sich um die Zwillinge und nun stand Aurelien neben mir. Wir bekamen zehn Minuten Pause und schwieg ein paar Momente, ehe ich den Mund öffnete. Das war mal eine Show.

Ich zog den anderen Stuhl etwas zurück uns ließ mich auf ihm nieder, behielt allerdings etwas Abstand bei, denn die beiden wirkten wirklich noch recht desorientiert. Kein Wunder nach diesem Schock, den sie gerade erlitten hatten. Auf die folgende, leicht verzögerte Antwort hin nickte ich sanft lächelnd und kramte kurz in meinen Taschen, bevor ich zwei Schokofrosch-Verpackungen ans Tageslicht beförderte und sie vor ihnen auf den Tisch legte, damit sie sie nehmen konnten, wann sie wollten.

Zögerlich nickte ich auf Alex' Kommentar hin, während ich zu ihm hochsah, meine Gedanken kurz wieder bei dem Mann, über den er so gelacht hatte, in den er seinen Irrwicht verwandelt hatte. Das kam allerdings wirklich unerwartet., sagte ich schließlich, während die anderen Schüler sich ebenfalls in kleinen Gruppen zusammenfanden, Ich glaube, ich habe Frey und Freya so wirklich noch nie erlebt.