Zwei Jahre sind eine lange Zeit., sagte ich, ich konnte es mir noch gar nicht vorstellen, wie es wohl sein würde, wenn die Schule hinter mir lag. Was ich bin dahin überhaupt machen würde oder machen konnte. Oder ob der Krieg bis dahin schon Überhand genommen hatte. Eine Weile wirkte ich recht nachdenklich, ich war nicht dumm, egal wie ich mich manchmal gab, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass das eine besonders angenehme Zeit werden würde, für einen der vier. Sie würden wohl einiges an schweren Zeiten durchmachen, unabhängig von allem anderen, das außerhalb vor sich ging. Vielleicht würde der Krieg wenigstens ein bisschen Aufmerksamkeit auf sich lenken. Ich bin da, wenn ihr mich braucht, das wisst ihr?, meinte ich schließlich vorsichtig.

Wir haben alle genug zu tun, aber das bedeutet nicht, dass ich euch deswegen nicht helfen möchte., sagte ich und lächelte dann einmal sanft, als ich Roderichs tatsächlich etwas weicheren Blick mit meinem eigenen traf, entschlossen und stur wie immer, aber trotzdem noch etwas weicher als sonst, Wenn ihr mich braucht, müsst ihr es nur sagen. Ich wiederholte mich noch einmal, denn es war mir wichtig, das ich das jetzt klarstellte, ich war jemand, der ungern Schwäche zeigte, aber wenn mich meine Freunde brauchten, dann würde ich für sie da sein. Nicht immer würde ich so nahe bei Roderich oder Anne sein können, aber das bedeutete trotzdem nicht, dass ich nicht bereit war ihnen jederzeit zu helfen.

Mein Mund hing ein Stück offen, als ich den Anzug sah, es war nicht so, dass ich selber keinen hatte, ich war immerhin am Frühlingsball gewesen, aber ich konnte das Geld beinahe riechen. Das Ding da kostete wahrscheinlich mehr als alles, was ich besaß und es machte mich etwas nervös, auch wenn ich es versuchte zu verbergen. Pah, warum sollte ich denn Probleme haben?, fragte ich stattdessen großspurig und marschierte dann, Anzug im Schlepptau, in die Umkleide. Ich atmete erst einmal erleichtert auf, als ich alleine war und schüttelte dann den Kopf, während ich mir wahllos eine der Erfrischungen schnappte und sie in einem Zug leerte. Hemd, Hose, Schuhe, alles okay soweit, aber die anderen Teile. Ich starrte lange und intensiv in den Spiegel, aber irgendwann musste ich zugeben, ich hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte. Ich streckte also meinen Kopf wieder aus dem Umkleide, durch den Vorgang hindurch und meinte dann still leidend, Eventuell haben sich doch noch Probleme ergeben.

Etwas mürrisch, denn ich gab nur sehr ungern zu, dass ich etwas nicht konnte, aber dann doch sehr willig, ließ ich mir also von dem Verkäufer helfen, der mir zuerst die Weste gab und dann das Sakko. Ich drehte mich auch gleich zu ihm, damit er- was auch immer er nun einmal machen würde. Ich versuchte es mir auch gleich zu merken, wer brauchte denn bitte jemanden, der einem beim anziehen half? Ich war mir ziemlich sicher, dass hatte niemand mehr getan, seitdem ich es als Kleinkind selbst gelernt hatte. Wer denn auch?

Das war doch so etwas lächerlich, was war überhaupt diese seltsame Schleife um meinen Hals? Naja, ich würde damit leben, wenigstens sah ich im Spiegel ganz gut aus, so teuer jedenfalls wie noch nie. Die Phrase, dass ich mich dem jungen Herren zeigen sollte, ließ mich nur zweideutig grinsen, in einem anderen Kontext... aber dann hörte ich auch schon Roderichs Stimme, der meine Gedanken unterbrach. Ich riss also dramatisch den Vorgang auf und stellte mich zur Abwechslung mal gerade hin, meine Größe und mein breit gebauter Oberkörper, so wie meine schmalen Hüften, kamen wirklich alle ganz ausgezeichnet zur Geltung, während ich in einer übertrieben eitlen, aber unverkennbar frechen Stimme sagte, Sie haben gerufen, der junge Herr?

Sagst du mir, dass ich hübsch bin?, fragte ich und klimperte mit den langen Wimpern, bevor ich lachte und mich einmal im Kreis drehte, Überhaupt nicht wie ich selbst, aber ich glaube das war der Sinn, oder? Ich lachte noch einmal, bei meinem aschblonden, etwas unordentlichen Haaren standen noch einige rote Strähnen heraus, ich hatte einfach keine Zeit gehabt sie nachzufärben, und was auch immer Roderich wegen meinem Gesicht gemeint hatte, ansonsten sah ich wohl nach der Edelstein'schen Idee recht gut aus.

Oh, wie recht du doch hast, Rod! Ich grinste breit, denn natürlich sah ich hübsch aus, heiß, würde ich zwar eher sagen, aber ich hatte mir gedacht, dass hübsch eher etwas wäre, was Roderich sagen würde. Ich war jedenfalls sehr zufrieden, auch wenn ich kurz ein wenig verlegen wurde, als er über die Bezahlung sprach. Danke., murmelte ich verlegen und verzog mich dann lieber schnell wieder in die Umkleide, ich wusste zwar, das es für Roderich wahrscheinlich keine so große Sache war, aber ich stellte mir lieber nicht vor, dass wahrscheinlich niemand überhaupt insgesamt jemals so viel Geld für mich ausgegeben hatte, nicht einmal meine eigenen Eltern. Ich zog mich also wieder um, in meine normale Kleidung, in der ich mich auch wieder ein wenig wohler fühlte, nicht, dass ich den Anzug nicht mochte, er sah wundervoll aus, aber es war nun einmal nicht ganz ich, ich war eben nun einmal eine eigene Persönlichkeit. Also trat ich ganz lässig wieder aus der Umkleide und sah mich nach Roderich um.

Ich kam mir ein bisschen wie ein braves Schoßhündchen vor, wie ich Roderich hinterher folgte. Aber gut, es gab wohl schlimmeres, ich war mir sicher, dass dafür wohl einige auch getötet hätten. Ich mochte zwar meine Freiheit, aber in einem anderen Universum vielleicht, mit einem anderen Finn. Nachfärben., kam es beinahe aus meinem Mund geschossen, ich hatte schon viele Haarfarben gehabt, in der vierten auch einmal pink, aber ich war dann bei platinblond geblieben, niemand von meinen Freunden hatte mich jemals mit meinen richtigen roten Haaren gesehen. Glaub mir, du willst mich nicht als Ginger sehen.