Nachdem wir nach einer Weile des Spazierens in der heißen Sonne endlich das Ende des Anwesens erreicht hatten atmete ich deutlich auf, denn hier fühlte ich mich deutlich sicherer, jedenfalls zu dieser Zeit, in der die Angestellten alle im Anwesen beschäftigt waren und man nicht Gefahr lief in der Stadt auf einen von ihnen zu treffen. Nun können wir frei reden. Wie geht es dir Momentan Finn?

Es dauerte nicht lange bevor ich eine vertraute Stimme hörte. Sofort drehte ich mich zu ihr und ließ meinen Schrankkoffer dort stehen wo er eben stand. Anne trat gerade die letzten Stufen der großen Treppe hinab – ein dicken fliederfarbenes Kleid an ihrem Körper – das mir selbst bei diesen eher kühlen Temperaturen zu warm waren. Trotzdem sah sie ganz fantastisch darin aus. Flieder war durchaus etwas das sie tragen konnte. Besonders bei ihrem hellen Teint. Sie konnte vielleicht nicht zu mir stürmen – aber mich hielt nichts davon ab – zu ihr zu laufen und sie in meine Arme zu schließen. "Querida!" Ein typisch portugiesischer Kosename für Frauen die man liebte oder die man wohl lieben wollte. Man könnte es wohl als 'Geliebte', 'Schatz' oder 'Liebchen' übersetzen. Ich entschied mich bewusst einfach für eine überschwängliche Umarmung und einen ganz dezenten Wangenkuss. Ich konnte zwar niemanden sehen – aber das hieß in magischen Haushalten leider nichts – in manchen Muggel-Haushalten ebenfalls. "Du siehst fantastisch aus. Ich bin so froh dich zu sehen. Ich hatte dich bereits vermisst." Meine Stimme gesenkt sprach ich direkt in ihr Ohr hinein. Es war nichts allzu Verräterisches was ich zu ihr sagte. Aber ich wollte dennoch lieber auf Nummer sicher gehen nicht erwischt zu werden. Immerhin war ich hier Gast.
Leider konnte ich sie nicht ewig in meinen Armen halten. Auch wenn ich wohl nichts lieber getan hätte. Und noch andere Dinge. Die wohl ebenfalls noch etwas warten mussten. Trotzdem konnte ich nur überglücklich lächeln. Immerhin war ich bei Anne. Und die Zeit mit ihr war mir schon mehr als nur genug wert. "Sind die anderen Gäste schon hier? Wo ist Rod?" Immerhin hatte ich beim Umsehen niemanden bemerkt. Selbstverständlich wollte ich meine anderen Freunde ebenfalls noch begrüßen. Aber auch Anne allein war sehr in Ordnung für mich. Allerdings fiel mir zum Thema Gäste ebenfalls noch etwas ein. Immerhin hatte ich zuvor meine Familie noch nach Brasilien begleitet und war direkt von dort aus hierher gekommen. Meine Mutter wusste selbstverständlich Bescheid. Meine Schwester ebenfalls – auch wenn sie noch zu jung für das Thema im Allgemeinen war – und der Rest meiner Familie würde wohl folgen. Wenn sich der geeignete Zeitpunkt dazu ergab. Oder es eben weitererzählt wurde. Es war nicht immer ideal. Aber in Brasilien wurde unglaublich gerne erzählt und getratscht. Es war verankert in der Kultur. Ein Segen und ein Fluch. "Ich soll dir von Mamãe schöne Grüße sagen. Sie meint das sie es kaum erwarten kann dich kennen zu lernen."

Mir entkam ein leiser, aber doch etwas erschrockener Aufschrei, als Emma auf mich zustürmte, ehe es sich in ein auch leises, aber erleichtertes Lachen auflöste. Es tat unfassbar gut Emmas Arme um mich zu spüren. Ich gewöhnte mich erst noch an viel Körperkontakt mit Emma, doch ich konnte davon kaum genug bekommen. Leider konnte ich hier und jetzt nicht viel in diese Richtung tun, nicht solange wor hier draußen, in aller Öffentlichkeit standen. Später dann. Ich habe dich auch vermisst. Meine hellen Wangen hatten eine gesunde Färbung angenommen und ich lächelte nur noch ein bisschen mehr. Finn dürfte schon angekommen sein, Rod hat ihn denke ich mitgenommen um ihn richtig auszurüsten, er war sicherlich nicht passend gekleidet und von seinem Verhalten müssen wir ja gar nicht erst beginnen. Bei Erwähnung von Emmas Mutter fühlte ich leichte Nervosität in mir aufsteigen. Nachdem ich der Frau offiziell als Freundin vorgestellt werden würde, wollte ich auf keinen Fall einen schlechten Eindruck hinterlassen. Emma liebte sie sehr und ich wollte das nicht in den Sand setzen. Was, wenn sie meine Art nicht mochte? Wie ich sprach und mich verhielt? Ich konnte sehr eingebildet wirken, das wusste ich, selbst wenn ich es nicht so sehr war. Ich kann es auch kaum erwarten. Ist sie wohlauf? Komm, gehen wir in meine Gemächter, dort sind wir alleine. Ich rief auf Deutsch einen der Hauselfen zu mir und hieß ihn Emmas Gepäck in meine Räume zu bringen, ehe ich Emma auffordernd anlächelte und mich in Bewegung setzte. Oh, meine Eltern sind Momentan nicht da, sie werden erst am Abend zurück sein. Glücklicherweise hatte dieser Part wie geplant funktioniert.

Was meinst du damit? Fragend sah ich zu Finn und schob mir etwas die Brille hoch. Ich schwitzte bereits ziemlich in meiner dichten, langen Kleidung und so rutschte das Gestell recht auf meiner Nase. Ich möchte lieber gar nicht an den Krieg denken. Ich schüttelte leicht den Kopf. Es wurde immer schlimmer, aber aktuell konnte ich nichts dagegen tun, allerdings hatte Vash immer wieder anläuten lassen, dass er beabsichtigte sich nicht zu verstecken, sondern für die gute Sache zu kämpfen und das machte mir große Sorgen. Es geht mir den Umständen entsprechend gut, die Spannung im Haus steigt nur mit jedem Tag mehr an. Einerseits wegen dem Krieg, andererseits, weil Anne und ich jetzt erwachsen und immer noch im Haus waren.

Ja? Ich zog leicht eine Augenbraue hoch und sah Finn fragend an. Ich hatte ihn damals nie direkt danach gefragt und er hatte es auch nicht erzählt. Natürlich hatte es mich interessiert, aber es war nicht meine Sache gewesen wogegen er Medikamente nahm, Muggelmedikamente noch dazu. Ich verschränkte die Hände auf dem Rücken und schritt kräftig aus, damit wir möglichst bald irgendwo hinein kamen und ich nicht doch noch den Hitzetod sterben musste. Finns Angebot allerdings überraschte mich sehr und ich legte leicht den Kopf schief. Meinst du das ernst? Wir nehmen gerne an, aber bist du dir sicher?

Ich bin sicher es ist ein angenehmer und hübscher Ort. Grundsätzlich waren alle Wohnorte, die wir von unseren Freunden bisher besucht hatten, so verschieden von dem was wir gewohnt waren, dass uns kaum noch etwas überraschen konnte, Anne und mich. Ich lauschte Finns Erklärung und runzelte leicht die Stirn, nun das erklärte wohl einige Dinge, die mir an Finn und seinem Verhalten aufgefallen waren, da wir im selben team gespielt und auch so befreundet gewesen waren war es unmöglich gewesen gewisse Veränderungen, die immer wieder auftraten, nicht zu bemerken. Diese Krankheit sagt mir zwar nichts, doch deine Erklärung bringt etwas Licht ins Dunkel, bezüglich deines Verhaltens an manchen Tagen. Und diese Medikamente... helfen dagegen?

Ich konnte nicht einmal versuchen zu verstehen wie es für Finn sein musste mit so etwas zu leben, ich selbst hatte keine psychischen Erkrankungen, wenn man davon absah was meine homophoben Eltern manchmal zu sagen hatten, doch da ich nicht daran glaubte, dass meine Neigung eine Störung war, war ich wohl frei von so etwas, weshalb ich nicht anfangen würde zu versuchen diese Sache nachzuvollziehen. Es erklärt einiges, aber es ändert nichts daran wie ich dich sehe oder kennengelernt habe. Du bist ein Dummerchen, aber das ändert nichts daran, dass man dich trotzdem gern haben muss, wenn man dich sieht. Es mochte nicht für alle zutreffen, aber ich konnte immerhin im Namen von mindestens vier Leuten sprechen und das waren immerhin schon eine gute Menge. Ich war nicht gerade gut darin auf solche Themen zu reagieren, emotionale Sachen waren in unserem Haus eher nicht zu sehen gewesen, auch sieben jahre in Hogwarts hatten diese vermisste Zeit nicht ganz aufholen können, aber immerhin bemühte ich mich.

Ich erwiderte Finns Lächeln mit einem eigenen und nickte leicht, ehe ich wieder geradeaus sah, wir hatten die Stadt nun erreicht und gingen durch eine hektische Einkaufsstraße, wo sich hauptsächlich Muggeln umhertrieben und uns nur ab und zu einen schrägen Blick zuwarfen, die Einwohner zumindest waren die seltsame, für das Wetter unpassende, Kleidung meiner Familie bereits gewohnt, wir hatten dieses Anwesen bereits seit Generationen. Komm, wir sind fast da. Ich hielt an einem unauffälligen, schmuddelig und geschlossen wirkenden Laden, dessen Schaufensterscheibe von Innen mit Zeitungspapier ausgeklebt worden war, nur wenn man genau hinsah bemerkte man, dass da eine Fotografie war, die sich etwas bewegte, auf ihr zu sehen war ein Mann mit spitzem Hut, der hin und wieder von einer Seite zur anderen sah. An ihn wandte ich mich nun. Videlicet lorum. Der Mann sah mich an und tippte sich an seinen Hut. Ich griff nach Finns Ärmel und zog ihn mit mir durch die Glasscheibe, nachdem ich überprüft hatte, ob uns auch keiner beobachtete, was nicht der Fall gewesen war. Wir standen nun, wie es bei solchen Übergängen so häufig war, an einem Ort der so gar nicht nach dem aussah wie es nach außen hin gewirkt hatte. Wir standen im Foyer einer Art Einkaufszentrums, im Kreis um uns herum fanden sich verteilt edle Boutiken, Länden die Zaubertrankzutaten und Artefakte verkaufen, und ähnliches. Der Boden war mit einem weichen, dicken Teppich ausgelegt ubd allgemein wirkte alles sehr sauber und nobel. Zudem waren die Temperaturen hier wesentlich angenehmer als draußen, was mich kaum merklich aufatmen ließ.