Ich war schon lange wach gewesen und lungerte nun in meinem Büro herum. Dass die Zeit fürs Frühstück in der Großen Halle gekommen war, war mir durchaus bewusst. Dennoch zog ich es lieber vor, erst einmal meine Sachen für den heutigen Schulalltag zu sortieren. Neben Papierkram und Büchern auch einige Fläschen mit besonderen Inhalten, die nicht für die Aufbewahrung im eigentlichen Klassenzimmer für Zaubertränke geeignet waren.
Dabei fiel mir ein, dass am Tag zuvor das Sortieren von Tränken eine Aufgabe für einen Nachsitzenden gewesen war. Und nicht nur irgendeiner. Teo Drake, Mitglied meines berüchtigten Slug-Clubs. Und das zurecht. Wäre da nur nicht der ein oder andere Unsinn, den der junge Mann oftmals im Sinn hatte.
Ich schüttelte belustigt den Kopf. Dann wollen wir mal sehen, ob der Junge seine Arbeit auch gut gemacht hat.
Ich nahm, was ich brauchte, und trat aus der Tür, die vom Büro zum Klassenzimmer führte, ehe ich das Regal der verschiedensten Fläschen begutachtete. Sortiert waren sie. Schön in alphabetischer Reihenfolge. Ich nickte zufrieden, als mir jedoch plötzlich zufällig etwas auffiel. Fehlt nicht etwas?, murmelte ich, völlig konzentriert darauf, welcher Trank eine gewisse Lücke in dieser Sammlung bilden könnte.
Ach was, redete ich mir jedoch wieder ein. Teo würde doch wohl nichts mitgehen gelassen haben, oder? Und außerdem war er unter Beaufsichtigung gewesen. Von Finn Fletcher, ebenso stolzes Mitglied meines Clubs. Womöglich hatte ich nur vergessen, es wieder an Ort und Stelle zu setzen oder es war unglücklicherweise heruntergefallen. Meinen Schülern wollte ich jedenfalls nichts vorwerfen.
Am liebsten hätte ich meine Zeit noch im Klassenzimmer verbracht und ein wenig mit den Tränken herum experimentiert. Doch mein Magen, der sich mit lautem Brummen meldete, wollte mich daran hindern. Also entschied ich, meinen Weg in die Große Halle einzuschlagen, wo mich ein schmackhaftes Frühstück empfangen sollte.

▷Große Halle

Ich stieß ohne große Umschweife die Tür zum Klassenzimmer einfach aus und zu unserem Glück war alles dahinter dunkel und leer, Professor Slughorn schien nicht da zu sein, vermutlich ließ er sich das Festessen oben nicht entgehen, es würde zu ihm passen. Tada, Einbruch gelungen. Was brauchen wir für Zutaten, oh Meister des Brauens? Nio sprang bereits in den Raum hinein und ich sah mich grinsend nach Severus um.

<<Bibliothek

"Erstaunlich, wie man nach sechs Jahren Hogwarts, noch der Meinung sein kann, dass Einbruch ins Klassenzimmer dem Einbruch in die Vorratskammer des Tränkemeisters gleicht."[/b] Schnaubte ich verächtlich, schloss die Eingangstür hinter mir und ging an Fierro vorbei durch den Lehrraum bis zu der kleinen, verschlossenen Tür hinten in der Ecke. Ich zog meinen Zauberstab und murmelte das Passwort, dass mir Slughorn neulich verraten hat, als er zu faul war seine privaten Räume zu verlassen und hierher zu kommen, um die Zutaten selbst zu holen. Erfreut stellte ich fest, dass er das Passwort noch nicht geändert hat und die Tür sich mit einem leisen klick öffnete. Ich zündete meinen Zauberstab und ging rein. “Willst du mich testen oder hast du es tatsächlich vergessen? Na ja, dein dritter Jahr ist schon eine Ewigkeit hier.“ Spottete ich, während ich die Zutaten sammelte. Mein Blick fiel auf die gefrorenen Aschwinderin-Eier und ich verzog meine Lippen zu einem gemeinen Grinsen, das Fierro nicht sehen konnte. Ich nahm ein Ei aus dem Glas und ging wieder mit den ganzen Zutaten in das Klassenzimmer. Mit einem Schwung des Zauberstabs, verriegelte ich wieder die Tür zu dem Vorratsraum. “Du könntest dich ja nützlich machen und das Feuer unter dem Kessel schon entzünden.“ Bemerkte ich etwas ungeduldig und legte die Zaubertrankzutaten auf dem Tisch und sortierte sie nach der Reihenfolge für den Gregor-Zaubertrank. “Und nimm einen Messingkessel, der ist besser für diesen Trank, als der aus Kupfer oder Zinn.“ Sagte ich und schlug meine Ärmel um.

Es ist so typisch Zauberer, dass man alle seine Probleme mit einem Spruch gelöst haben will. Ich zog amüsiert die Augenbraue hoch. Die meisten mit Magie gesicherten Türen bekam man auch mit etwas guter alter Gewalt auf, abgesehen davon, dass die Wände rundherum oftmals vergessen wurden, aber das war dem Großteil der Leute hier nicht bewusst. Warum sollte man sich an etwas erinnern, wenn man Leute wie dich hat, Kleiner? Zaubertränke waren mir eben einfach nicht wichtig, allgemein interessierte mich die meiste Magie weniger, wenn sie mir nicht sofort nützlich war. Wer hatte schon die Zeit lange zu warten bis sein Trank genug geköchelt hatte? Ich setzte mich auf einen der Tische und lehnte mich auf eine Handfläche zurück. Weißt du, es ist viel lustiger dich herumwuseln zu sehen, ich bin mir sicher du schaffst das alles auch alleine. Mal sehen wann ich mich wieder langweilen würde, vorerst amüsierte mich Severus, aber sobald er mich nicht mehr interessierte würde ich verschwinden.

"Natürlich schaffe ich das alleine." Schnaubte ich. Das war einer der einfachsten Tränke, die ich je gebraut habe. "Ich verstehe dich nicht, Fierro. Du willst etwas mit mir unternehmen und dann machst du einen Rückzieher." Ich schüttelte den Kopf und stellte den Messingkessel mit Wasser auf die Feuerstelle. Das Feuer erwärmte ihn im Nu und schon fügte ich die Grundzutaten hinzu. "Das was ich hier mache ist kein Wuseln. Tränkebrauen ist eine Kunst. Etwas, was nach einer Präzision und Konzentration verlangt." Ich schmunzelte, weil es mir klar war, dass er das nie und niemals verstehen wird. Es war mir aber egal. Das war meine Welt, er könnte mitmachen oder es lassen.

Och, aber Sev, ich unternehme doch was mit dir, oder? Ich sitze hier und genieße die Aussicht, so wie Freunde es eben tun. Ich wackelte mit den Augenbrauen und lachte dann leicht auf, denn ich hatte meinen Spaß. Dagegen sage ich ja nichts, aber du wuselst herum wie ein kleiner hektischer Schatten. Dass Severus eigentlich ein kleines bisschen größer war als ich, war mir dabei völlig egal. Wenn ich wollte konnte ich das ändern, aber wieso sollte ich? das war meine Lieblingsgröße, nicht zu hoch und nicht zu klein, einfach ideal, genau im Durchschnitt zwischen der Normgröße von Jungen und Mädchen in meinem Alter.

Ich runzelte die Stirn. "Seit wann sind wir denn Freunde? Verstehst du überhaupt, was dieses Wort bedeutet?" Fragte ich. Langsam ging mir die Geduld aus, also konzentrierte ich mich an dem Zerkleinen von der nächsten Zutat. "Kleiner hektischer Schatten, also?" Ich verzog die Lippen, schnappte mir das Aschwinderin-Ei und warf es dem Kniesel. Ob Fierro wusste, was es bewirkt?

Das frage ich mich bei dir auch. Nio ließ sich selbstverständlich nicht von dem geworfenen Gegenstand treffen, er wich aus und fauchte in Severus' Richtung. Nicht nur mein Kniesel war angefressen, sondern ich auch, das ging bei mir ganz schnell. Ehe ich mich aber rächte musste ich mich um die Sicherheit meines Haustieres kümmern, denn immerhin war es das einzige Wesen das konstant in meinem Leben stand und mir überall hin folgen würde. Nub wusste ich natürlich nicht was das für ein Teil war, es konnte ein Ball sein, oder eine Zutat, vielleicht sogar eine Bombe, auch wenn ich wirklich nicht gewusst hätte wo Severus sowas hätte herbekommen sollen. Ich tat also etwas um das Problem zu lösen, was man bei mir nur selten sah, ich zog meinen Zauberstab und richtete ihn schnell auf das Teil. Evanesco. Was auch immer es gewesen sein mochte verschwand. Nun konnte ich mich beruhigt Severus zuwenden, in Form eines Stuhls den ich mit viel Kraft und Schwung in seine Richtung trat, praktisch gesehen also auch in Richtung Kessel, denn ob der in dem Prozess umfiel oder nicht war mir egal.

"Du fragst dich, ob ich weiß, was Freundschaft ist?" Meine Stimme wurde dunkler. "Nun, zumindest verwende ich dieses Wort nicht bei jeder flüchtigen Bekannschaft. Ein Freund ist für mich jemand, mit dem mich etwas Besonderes verbindet. Und auch wenn ich nicht von einer Scharr davon umgeben bin, habe ich tatsächlich den einen oder anderen Freund."
Mit einer hochgezogenen Braue beobachtete ich den Kniesel, den das Aschwinderin Ei erschrocken hat. "Du Dummchen, es tut dir nichts und schmeckt ziemlich gut..." Fing ich an dem Tier (was? redete ich mit dem Tier? naja) zu erklären, sah aber gleich, dass Fierro den Zauberstab zog. Sofort wanderte meine Hand zum Tisch und ich schloss die Finger um meinen Zaubertsab. Doch Fierro ließ nur das Ei verschwinden. Dennoch lockerte ich den Griff nicht. Irgendetwas in seinem Gesicht sagte mir, dass er sauer war und ich habe von seinen Ragen schon gehört. Ich richtete den Zauberstab auf die Stelle zwischen uns und dachte "Protego". Keine Sekunde später flog schon ein Stuhl in meine Richtung und zerschmetterte gegen meinen Schutzschild. "Bist du wahnsinnig?" Fragte ich. "Wieso greifst du mich an?" Immer noch den Zauberstab auf Fierro gerichtet, funkelte ich ihn verärgert an.

Du solltest wissen, dass man nichts nach dem Haustier eines anderen wirft. Und auch füttern sollte man ein fremdes Tier nie. Ich war angefressen, denn mir war völlig egal warum Severus das getan hatte, niemand warf etwas nach Nio. Vor allem nicht nach meinem Haustier. Auch ich behielt meinen Zauberstab gezogen, die Spitze auf meinen Severus gerichtet und musterte ihn abschätzig, in meiner Meinung war er eben weit gesunken. Nio, nun wieder friedlich, lief gemütlich zu mir und kletterte auf meine Schultern, ihn störte die angespannte Stimmung kein Stück.

"Ich habe es nicht NACH ihm geworfen, sondern ihm zugeworfen. Ob er es essen oder damit spielen würde, war mir egal. Es würde ihm nicht schaden." Erklärte ich mit ruhiger Stimme. [b]"Es könnte aber lustig sein, wenn er das Aschwinderin-Ei gegessen hätte. Auch wenn die Wirkung nur paar Minuten dauern würde." Ich schmunzelte geheimnisvoll und genoss die zwei Tatsachen. Erstens wusste Fierro nicht, was das Ei bei den Tieren bewirkte und zweitens er hat seine Schwäche gezeigt. "Wir sind beide Slytherins, Fierro. Ich würde einem Slytherin nie absichtlich schaden." Sagte ich und senkte ein wenig meinen Zauberstab, blieb aber auf dem Hut. "Frieden?" Fragte ich.

Du hast wirklich nicht viel Erfahrung mit Tieren, was? Ich verdrehte die Augen und kraulte Nio unter dem Kinn, jeder der meinem Kniesel etwas antat würde schwer dafür zu bezahlen haben, aber das war bei meinem Temperament ja sowieso abzusehen. Du vielleicht nicht. Auch ich senkte meinen Zauberstab etwas, behielt ihn aber noch oben. Schön, Frieden, aber lass gefälligst Nio aus dem Spiel, sonst könnte es passieren, dass sich leider der Inhalt des Kessels über deinen Kopf ergießt.

Ich seufzte. "Ich beobachte und schätze ein - sowohl Menschen, als auch Tiere. Nenne es eine Gabe, wenn du möchtest und sehe es ein, dass dein Kniesel nur aus Angst gefaucht hat, aber sobald er sah, dass von mir keine Gefahr droht, hat er sich entspannt." Mit zugekniffenen Augen betrachtete ich Fierro. "Du hast Glück. Ein Kniesel der den Zauberer als Gefährten auswählt, wird ihm immer vor Gefahr warnen. Siehst du hier eine Warnung?" Bei der Frage deutete ich mit dem Kopf auf das Tierchen. Dann legte ich meinen Zauberstab wieder auf den Tisch und fügte die letzten Zutaten in den Kessel. "Ich bin mir sicher, dass du eine Gefahr schlechthin sein kannst, Fierro. Denke nicht, dass ich dich unterschätze. Aber die Drohungen sind wirklich unter deiner Würde." Redete ich weiter. Senkte meine Stimme in die fast brummende Lage, die normallerweise eine Beruhigende Wirkung hatte.

Er hat aufgehört zu fauchen, weil das Teil weg war. Ich kannte Nio besser als jedes andere Wesen auf der Welt, von wegen "Gabe". Prompt bekam ich eine raue Zunge an die Wange und ich lächelte leicht, vermutlich sah er Severus gerade nicht als Bedrohung an, aber ob das so ein Kompliment für einen Zauberer war, der seinen Zauberstab auf jemand anderen richtete... Oh nein, nein, das hast du falsch verstanden, Drohungen sind genau auf der selben Höhe wie meine Würde, denn sie sind effektiv wie du siehst.

Augen zu verdrehen war das mindeste, was ich machen konnte. Der Trank war fertig. Ich füllte eine Phiole damit, verkorkte sie und stellte sie auf dem Tisch. Mit einem wind des Zauberstabs leerte ich den Kessel, löschte das Feuer und räumte alles auf. "Ich hoffe du hattest deinen Spaß." Sagte ich müde. "Du kannst es behalten. Doch sei gewarnt, der Trank wird nur eine Stunde wirken. Betrachte es als Friedensgeschenk dafür, dass ich dich - auch wenn ohne Absicht - gekränkt habe." Ich steckte den Zauberstab in die Tasche des Umhangs. "Gute Nacht, Alex." Warf ich noch, ohne ihn anzusehen, nahm meine Tasche und verließ das Klassenzimmer.

>>Slytherinhaus, Schlafzimmer