Schlafen? Nicht dein Ernst, Nicholas, nicht dein Ernst! Der Typ kann auch wirklich in jeder Lebenslage problemlos einschlafen!, lästerte ich spaßeshalber in Gedanken und versuchte dabei, meinen Umhang im Liegen von den Schultern und über den Kopf zu bekommen. Dabei stieß ich meinem Freund neben mir mit dem Ellbogen in den Rücken. Schließlich landete er jedoch auf den Boden - wo er meiner Meinung perfekt hinpasste. Meine Schuhe folgten, auch das Hemd. Ich wusste nicht ganz, ob Nick wirklich schon schlief, ich würde es jedenfalls nicht so schnell können.
Nick?, fragte ich leise.
Soll ich in mein eigenes Bett? Es war nicht so, dass ich unsicher war, ob er es guthieß, dass ich sein Bett in Anspruch nahm, mehr ... keine Ahnung. Oder war ich unsicher? Nein, das nicht. Wieso auch? Wir waren beste Freunde!
Hab immerhin keine Lust, morgen am Boden aufzuwachen..., setzte ich schließlich noch scherzend hinterher. Ich hatte mich ebenfalls auf die Seite gedreht, so, dass ich mit dem Rücken an Nick lag, und lauschte nun auf eine Antwort.

Ich hatte kaum bemerkt, dass Nick so weit am Rand lag, erst als er mit einem leisen "Wumms" auf den Boden flog. Dennoch reagierte ich nicht wirklich auf seine Worte, die als Scherz gemeint waren.
Hmh... Wie du meinst..., murmelte ich sehr leise, vermutlich hörte Nick es nicht einmal. Auch sonst antwortete ich nicht mehr, rollte mich nur auf die Seite und versuchte, etwas Schlaf zu bekommen. Dabei merkte ich nicht einmal, wie Nick mir halb seine Decke wegzog. Es war komplett still im Schlafsaal, von irgendwoher hörte ich ein Ticken einer Uhr. Eigentlich wusste ich schon, dass ich nicht einschlafen können würde, egal wie lange ich so liegen blieb. Jetzt, wo alle anderen schliefen und ich wach war, konnte mich auch niemand mehr davon abhalten, über bestimmte Dinge nachzudenken.

Ich hatte lange nicht einschlafen können. Meine Gedanken waren wirr um den Abschied morgen gekreist, hin und wieder war die Erkenntnis samt Traurigkeit so hoch gestiegen, dass mir übel geworden war und ich alles mit meiner ganzen Willenskraft verdrängen hatte müssen. Irgendwann hatte ich diese Kraft nicht mehr und stumme Tränen waren mir die Wangen hinuntergelaufen. In dem Moment war ich unglaublich froh gewesen, nicht alleine in meinem Bett zu liegen, auch wenn ich zugleich nicht wollte, dass mich schon wieder jemand heulen sah. Zum Glück lag Nick auf die andere Seite gerollt mit dem Rücken zu mir und bekam von all dem nichts mit.

Schließlich musste ich jedoch eingeschlafen sein, denn als ich das nächste Mal die Augen aufschlug, blinzelte ich in schwaches Licht. Mein Gesicht war tränenfeucht, ich befürchtete, auch der Polster hatte etwas abbekommen. Vorsichtig wollte ich mich aufrichten und eine Uhr erspähen, doch im nächsten Moment merkte ich, dass mich etwas zurückhielt. Erst jetzt fiel mir wieder ein, dass das hier nicht mein Bett war. Ich warf einen Blick neben mir und plötzlich waren alle Sorgen vergessen. Hitze wallte in mir hoch und ich wurde puterrot im Gesicht, als ich merkte, dass Nick sich an mich geschmiegt hatte. Das war jetzt ... peinlich.
Äh ... Morgen Nick!, rief ich - zugegeben vielleicht ein bisschen zu laut - aus und entzog mich ruckartig seinem Griff. Meine Haare waren etwas wirr, standen in alle Richtungen vom Kopf ab, doch mein Blick war noch verwirrter. Schnell setzte ich ein schiefes Grinsen auf, darum bemüht, meine Verlegenheit in den Griff zu bekommen. Hoffentlich hatte er wirklich noch geschlafen und somit nicht viel davon mitbekommen. Das wäre ihm bestimmt auch unangenehm. Ich setzte mich auf und schwang die Beine über die Bettkante, Nick wandte ich somit meinen Rücken zu, wodurch ich kurz durchatmen konnte. Ein merkwürdiges Kribbeln hatte sich in meinem Bauch breit gemacht, auf dass ich mich nun konzentrierte. Vielleicht hatte ich gestern etwas Falsches gegessen? Ich stand auf und bückte mich nach meinem T-Shirt, das ich gestern noch ausgezogen hatte.

Ich zuckte kaum merklich zusammen, als Teo uns ansprach. Nick war nun auch wach. Ich warf ihm einen abwägenden Blick zu, er lächelte auf eine Art und Weise, die ich gerade gar nicht mochte - aus welchem Grund auch immer.
Wie ein Stein!, erwiderte ich zurück, wandte meinen hochroten Kopf ab und streifte mir mein T-Shirt über. Schließlich wollte ich die Situation nicht noch merkwürdiger gestalten, als sie ohnehin schon war und drehte mich zu Nick um.
Das nächste Mal, nehme ich mir meine eigne Decke mit. Du hast mir kaum welche gelassen!, beschwerte ich mich scherzend bei meinem besten Freund, auch, um von der Verlegenheit abzulenken.

Ich schaffte es, mein altes, schalkhaftes Grinsen aufzusetzen, als Nick mir gegen die Schulter boxte, ehe ich für einen kurzen Moment wieder ernst wurde. Ich musste noch fertig packen. Mal davon abgesehen, dass Packen in etwaige Situationen nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehörte, hasste ich es heute besonders.
Ich ging hinüber zu meinem Bett, wo der offene Schrankkoffer lag und begann, meinen Kasten auszuräumen. Anfangs hatte alles noch seine Ordnung, doch irgendwann überkam mich der Frust wie eine Welle, der ich nicht entkommen konnte und ich stopfte alles in einem Anflug von hilfloser Wut in den Koffer. Irgendwie hatte ich gehofft, dass es dann besser sein würde, doch im Grunde war das einzige Ergebnis davon nur, dass ich den Deckel nicht mehr zu bekam. Mit aller Kraft stemmte ich mich auf den Koffer, bis mir ein frustrierter Laut entwich. Niedergeschlagen setzte ich mich auf Bett, nicht ohne dem Gepäck zuletzt noch einen kräftigen Fußtritt zu verpassen, der wohl mir mehr wehtat als dem elenden Koffer. Ich ignorierte den Schmerz. Wie dumm ich mich aufführte... ich sollte damit abschließen, jetzt verschwinden und nicht mehr zurücksehen. Das erste Mal in meinem Leben wünschte ich mir, einfach in England geboren zu sein, dann würde mich und meine Freunde bald nicht ein Meer trennen.