Anne wirkte genau so freudig wie ich. Aber nicht nur voller Freude sondern auch etwas nervös. Sie zupfte am Rock ihrer Uniform herum. Mein Herz schlug so stark in meiner Brust und ich wusste gar nicht was ich dazu sagen sollte. Es fühlte sich an als könnte in dieser Situation überhaupt nichts schief gehen. "Anne. Ich bin so froh das zu hören." Wahrscheinlich hätte ich warten sollen bis sie zu Ende gesprochen hatte. Ich hätte wohl keine so vor eiligen Schlüsse ziehen sollen. Denn das Blatt wendete sich wie der Spielverlauf beim Quidditch. Nur das ich den Verlauf beim Quidditch meistens vorher sehen konnte. Beim Quidditch war aber wohl auch alles einfacher als bei einer... Beziehung. Die noch gar keine richtige war. Hier fühlte ich mich nämlich wie ins kalte Wasser geworfen. Denn es war wohl nicht die Wahrheit gewesen – was ich zuvor behauptet hatte – denn plötzlich ging alles schief. Plötzlich – und beeindruckender Weise mit nur einem Wort – wendete sich das Blatt.
Von einer Sekunde auf die nächste stand plötzlich die Zeit vollkommen still. Mein Lächeln war wie eingefroren. Passend zum Stillstand der sich gerade in meinen Gedanken auf tat. Ich war keineswegs unrealistisch. Es wäre wohl auch dumm anzunehmen gewesen das Anne nach ihrem letzten Jahr hier Interesse an mir haben würde. Oder es konnte. Ich war mir nicht sicher wie genau sie sich diese Worte erklärte. Aber es so direkt zu hören nahm mir doch sehr den Wind aus den metaphorischen Flügeln. Ich hatte meinen Stolz. Und ich war niemand der sich wie ein Zeitvertreib behandeln ließ. "Vorerst..." Ich wiederholte das Wort in einem gefährlich neutralen – bemüht gleichgültigen – Tonfall und spürte wie die Säure geradezu in meinem Rachen aufstieg. Allein das Wort hinterließ einen ekelhaften Geschmack in meinem Mund. Ich fragte mich ob ich wohl zu dem selbigen Schicksal wie meine Mutter verdammt war. Ein Zeitvertreib. Die frühe Affäre. Wenn man die Welt denn so zynisch sehen wollte. Wenigstens kann dich Anne nicht schwängern. Der Gedanke kam ernüchternd. Aber er erschrak mich wohl genau so sehr wie das Anne es mir diese Tatsachen einfach direkt ins Gesicht gesagt hatte. Ich verschränkte meine Arme vor mir und zog meine Beine an mich heran. Meine Freude von vorhin hatte sich vollkommen verschlossen. Weggesperrt wie der Rest meiner Gefühle – die ich vermutlich sonst nur zu deutlich auf meinem Gesicht gezeigt hätte.

Auch Emmas Freude wurde deutlich gedämpft und ich faltete adrett die Hände vor mir, der Rücken perfekt gerade, selbst nun, als ich so seitlich da saß, ich hielt die Balance. So wie immer. Dennoch wusste ich, dass ich die Sache vermutlich sofort klären musste, ich bezweifelte, dass Emma wusste, was ich mit diesem einzigen Wort gemeint hatte, sie wusste nur so viel über meien Familie wie jeder andere im Schloss auch und das wirkliche Ausmaß der Erziehung die ich genossen hatte und der Welt in der ich und mein Bruder lebten, die so anders war als die der meisten anderen hier, konnte Emma nicht erfassen, jedenfalls nicht, solange ich es ihr nicht erklärte. Verzeih, ich hätte das anders formulieren sollen. Emma, du weißt, dass Roderich und ich adelig sind, wir leben nach recht... du würdest es vermutlich als altertümlich bezeichnen. Nach recht altertümlichen Regeln und Erwartungen. Was ich sagen wollte war nicht, dass ich nicht daran interessiert wäre unsere Beziehung nach meinem Abschluss weiter zu führen, doch ich möchte die Fronten klären. Von einer Frau aus meinem Geschlecht und von meinem Stand werden viel Dinge erwartet, eines davon, das was hier zutrifft, betrifft meinen Beziehungsstand. Es wird erwartet, dass ich einen Mann aus gutem Hause heirate und Erben zur Welt bringe. Ich möchte, dass du verstehst, dass ich das nicht möchte, aber, dass so meine Zukunft aussehen wird. Es tut mir leid.

Ihre Worte zu erfassen war nicht das Problem. Diese Rolle hatten wohl einige zu spielen. Ich erinnerte mich nur zu gut an Arcana und ihre Verlobung zu einem mysteriösen reinblütigen Zauberer. Meine Mutter hatte immer diese positive Art an sich gehabt. Doch sie wäre auch niemals in Slytherin gelandet. Nicht so wie ich. Und ich wusste durchaus was mich unterschied von meinen Kameraden in den anderen Häusern. Mein Selbstbewusstsein. Meine Determination. Mein Stolz. "Und du denkst das interessiert mich nicht? Dass ich einfach da sitzen werde und das akzeptiere... Dass ich nicht für dich kämpfen würde?" Ich verstand nicht wie Anne diese Worte so sagen konnte. Ich wusste sie waren ihr vermutlich von klein an eingetrichtert worden. Aber sie mir direkt ins Gesicht zu sagen war mehr als nur harsch. Ohne Umschweife erhob ich mich und begann auf und ab zu gehen. "Du kannst nicht ehrlich so wenig von mir erwarten? Von meinem Stolz ... Ich bin doch kein blinder Hufflepuff oder ein selbstloser Gryffindor oder ein abgehobener Ravenclaw." Vielleicht war ich auch naiv. Egal wie sehr ich diesen Gedanken auch verabscheute. Es wäre immerhin meine erste Beziehung. Mein erstes… Alles vermutlich. Aber die Vorstellung das Anne von mir erwartete einfach auf der Seite zu sitzen und ihr dabei zu zu sehen wie sie ihr Leben für irgendwelche Erwartungen auf gab… Das hätte ich nicht erwartet. Sie konnte das vielleicht. Sie war auch in diese Welt hinein geboren geworden. Aber ich hatte keine Chance mir dabei nicht das Herz brechen zu lassen. "Ich bin nicht so stark wie du." Es gab mehr als genug Andere die auch Erwartungen an mich hatten. An meine Karriere. Oder an meinen Stand. An meinen Blutstatus. Veela waren immerhin überall als männerfressende Geschöpfe bekannt. Wo ist in diesen Momenten nur der Optimismus meiner Mutter? Beziehungen im Allgemeinen waren schon kein angenehmes Thema. Viele glaubten auch gar nicht das diejenigen von uns mit Veela-Blut überhaupt im Stande waren eine Beziehung zu führen. Zumindest keine monogame.
Ich hörte auf zu gehen und blieb stehen. "Anne ... Ich weiß nicht, ob ich damit umgehen kann." Die Worte hinterließen einen genauso bitteren Geschmack in meinem Mund wie das eine einzige Wort zuvor. Es hatte noch nicht ein Mal angefangen. Aber ich fühlte mich dennoch als wäre bereits alles verloren. "Aber ... Wenn das hier ehrlich das ist was du willst ..." Ich deutete zwischen Anne und mir hin und her. Als was auch immer sie das dann überhaupt bezeichnen würde. Es wirkte nicht so als konnte ich mir davon viel erhoffen. "Aber du auch nach diesem Jahr deine adelige Rolle spielen möchtest ... Ich ... Weiß nicht ob ich da Zusehen kann." Es war wohl nur gerecht wenn ich auch ehrlich war. Wenn es keine Chance für mich gab – wenn Anne auch gar kein Interesse daran hatte es überhaupt zu versuchen und vielleicht daran zu scheitern – dann zog ich mich lieber zurück. Es wäre wohl das Beste. Wie beim Quidditch. Ironischer Weise. "Ich spiele ungern ein Spiel wenn ich weiß es ist schon verloren." Ich lasse mir ungern mein Herz brechen bevor überhaupt noch etwas begonnen hat. Ich wusste aber noch bestens einen anderen Grund warum ich in Slytherin gelandet war. Wenn ich nicht mutig sein musste – um zu überleben – dann war ich es nicht. Ich war alles – aber kein Gryffindor. Wenn Anne das wirklich so wollte – diese Rolle zu erfüllen ohne Wenn und Aber – dann würde ich nicht derjenige sein der sich bloßstellte und versuchte sie für sich zu gewinnen. Wenn sie wirklich das nach diesem Jahr nicht wollte dann würde ich das akzeptieren und auch gar nichts erst versuchen. "Anstatt mich vor allen zu blamieren würde ich dann lieber in Würde auf geben. Solange noch Zeit dazu ist." Ich wandte mich ab als ich spürte wie etwas anderes als Schmach und Wut über diese verdammte Welt – die doch vielleicht sowieso in einem Krieg untergehen würde – in meinen Augen brannte. Ich würde Anne mich lieber nicht so sehen lassen. Oder überhaupt jemand anderen. Es war beschämend.

Emma... Meine Stimme war erstickt, es war schwer richtig Luft zu holen, wenn all diese, durchaus wahren, Vorwürfe auf mich einprasselten, doch es war nicht so einfach wie Emma es darstellte, keine große Entscheidung war das, aber diese erst recht nicht. Ich war mit diesen Regeln aufgewachsen, auf meinen und auf meines Bruders Schultern lagen schwere Erwartungen, es war schwer genug, selbst wenn wir hier in Hogwarts und eigentlich frei waren. Es gab Gründe dafür, dass wir, auch nach über sechs Jahren, weder unsere Haltung, noch unsere doch oft gehobene Sprache, oder sogar unsere Vorsicht bei Berührungen dem anderen gegenüber nicht abgelegt hatten. Emma lief auf und ab und auch ich erhob mich langsam. Emma, es ist nicht so einfach, wie du es darstellst. Ich möchte keinen Mann, ich will nicht jemanden heiraten, den ich nicht einmal kenne. Ich will... ich will dich, aber es geht nicht. Ich atmete tief durch um meine Stimme wieder zu festigen, die zu bröckeln begonnen hatte. Ich erwarte nicht, dass du verstehst wie mein Leben aussieht, das musst du nicht, das sollst du auch gar nicht, aber ich möchte, dass du weißt, dass eine Frau in unseren Kreisen nicht so viel wert ist wie hier in England, wie an vielen Orten, außerhalb des Adles in dem ich aufgewachsen bin. Mein Bruder wird sich leichter gegen das Elternhaus auflehnen können und ich habe keinen Zweifel, dass er Erfolg haben wird, doch er hat auch die Unterstützung eines Partners. Ich bin weder ein Mann, noch habe ich den Rückhalt den ich bräuchte. Das Leben ist nicht nur schwarz und weiß Emma, ich hatte gehofft, dass du das weißt. Ich verstummte wieder und wandte selbst den Blick ab, meine Augen brannten und ich blinzelte einige Tränen weg. Ich hatte schon eine Weile nicht mehr über mein Schicksal nachgedacht, es brachte ja doch nichts, aber alleine der kurze Blick auf eine Zukunft, die nicht so aussah wie man sie seit meiner Geburt für mich geplant hatte, tat mehr weh, als es einfach hinzunehmen und auf gar nichts zu hoffen.

Etwas hielt mich davon ab zu gehen. Sei es Anne oder meine eigene Sturheit. Aber ich hörte den Worten weiter zu. Auch wenn mein Herz sich zusammen zog das Anne das einfach so sagen konnte. Für mich war diese Welt sehr fremd. Ich hatte keine Ahnung von ihr. Aber trotzdem hörte ich etwas heraus. Etwas das mich hoffnungsvoll machte. Ich drehte mich wieder zu Anne und machte einige Schritte auf sie zu. Meine eine Hand war über meinem Herzen in meine Schuluniform gekrallt. Meine Andere streckte ich vorsichtig nach Anne aus. Ich berührte sie noch nicht. Aber ich ließ meine Hand vor ihr schweben. Zum Einen war ich mir unsicher ob sie sie annehmen würde. Zum Anderen wollte ich sie auch gar nicht berühren wenn sie das nicht wollte. "Anne…" Meine Stimme wurde ernst. Aber etwas andere spiegelte sich in ihr wieder. "Bedeutet das du würdest auch dafür kämpfen wenn du genügend Unterstützung hättest?"
Noch bevor ich es verhindern konnte formte sich etwas in meinem Kopf. Eine Vorstellung. Ich atmete schwer und meine Stimme war unsicher. Aber ich wollte trotzdem meine Gedanken aus sprechen. Wenn sie wirklich auch kämpfen wollen würde und es nicht einfach akzeptieren würde – egal aus welchem Grund – dann wollte ich die erste sein die für sie aufstand. "Anne wenn du das wirklich nicht willst – wenn du dich wie dein Bruder gegen dein Elternhaus aufstellen willst – ich würde alles für dich tun. Wir müssen auch nach der Schule deswegen nicht zusammen bleiben wenn du das nicht willst. Aber wenn du mich dafür brauchst um deine eigene Zukunft und Selbstbestimmung zu kämpfen. Dann stehe ich an deiner Seite komme was wolle." Es tat etwas weh sich vor zu stellen sich nach der Schule sofort wieder trennen zu müssen. Das Schuljahr wirkte so kurz auf mich. Plötzlich wirkte alles viel zu kurz. Aber ich würde trotzdem für Anne kämpfen. Selbst wenn sie nach der Schule kein oder ein anderes Interesse an mir hatte. "Ich bin sicher nicht nur ich würde für dich kämpfen. Dein Bruder wird es auch leichter haben wenn er nicht der Einzige ist der sich dagegen auflehnt. Und ich bin sicher meine Familie wird auch hinter dir stehen. Und meine und deine Freunde." Die Tränen standen noch immer in meinen Augen aber ich ignorierte sie. Es ging hier um Anne und nicht um meine Gefühle. Um ihre Zukunft und ihre allein. "Bitte… Anne lass mich für dich kämpfen. Lass mich zumindest versuchen dich davon zu überzeugen. Gib mir…uns…dir eine Chance."

Mein Blick fixierte sich auf die Hand, die nach mir ausgestreckt wurde, sie kam sehr vorsichtig, doch sie kam, auch wenn ich nicht völlig sicher war, was ich damit machen sollte. Ich wollte Emma gerne berühren, ich sehnte mich nach mehr Kontakt mit ihr, doch ich war nicht sicher ob sie das nun auch wirklich wollte. Ich kann das nicht von dir verlangen Emma. Vom Quidditch einmal abgesehen hatte ich mich noch nie gegen die Familie aufgelehnt, doch das hatte keine bleibenden Effekte. Langsam wurde es immer schwieriger die Tränen wegzublinzeln, die mir in die Augen traten, noch dazu, als Emma weitersprach und mich förmlich anflehte uns eine Chance zu geben. Ich versuchte mir unauffällig über die Augen zu wischen, aber es brachte einfach nichts, wie bei einem kleine Kind begannen die Tränen zu fließen und ich ergriff abrupt Emmas Hand, um irgendetwas zu haben, an dem ich mich festhalten konnte. Ich lebte schon mein ganzes Leben lang mit dem Druck, der mir als Kind bereits in die Weige gelegt und aufgeladen worden war. Der Druck alle Erwartungen zu erfüllen, zu tun was erwartet und verlangt wurde, perfekt sein, die Ehre aufrecht erhalten, einen Erben für jemand anderen in die Welt setzen, sollte Roderich nicht dazu in der Lage sein auch einen Erben für zwei Adelsgeschlechter. Ich... ich will mich auflehnen, ich will kämpfen. Bitte, lass mich dabei nicht alleine.

Anne ergriff meine Hand. Die Tränen rannen ihre wunderschönen hellen weich wirkenden Wangen hinunter. Das was sie sagte war vollkommen richtig. Sie konnte nichts von mir verlangen. Aber das bedeutete nicht das ich das nicht wollte. Das ich nicht trotzdem bereit war das alles für sie zu geben. Ich räusperte mich und fuhr nun mit festerer Stimme fort. Wenn ich das Anne versprach würde ich auch mein Wort halten. Es gab mehrere Eigenschaften die Slytherins hatten. Eine von denen die oft übersehen wurde war – das man hier echte Freunde finden konnte – Slytherin war wie eine Familie. Aber nicht nur mein Haus diktierte meine Verhalten hier. Sondern auch meine Hoffnung. Meine Hoffnung Anne ein besseres Leben verschaffen zu können. Besser als das was auf sie sonst in der Zukunft gelauert hätte. Ein Leben das ich mir nicht ein Mal vorstellen konnte. Nicht ohne das mir schlecht dabei wurde. "Das ist richtig. Du kannst es nicht von mir verlangen." Ich schüttelte den Kopf und sah sie bestimmt an. "Aber ich kann es für mich selbst entscheiden." Es war schwer für mich Anne so zu sehen. Ansonsten wirkte sie immer wie das Bild der Disziplin und Fassung. Alles an ihr erweckte gerade den Impuls in mir sie zu beschützen und ihr zu helfen. Damit sie wieder als die junge Frau glänzen konnte – in gewisser Weise – zu der man auch auf sehen konnte. "Ich würde dich nie allein lassen." Niemals würde ich sie in so einer düsteren Zukunft allein lassen. Schon gar nicht wenn ich wusste das sie auch kämpfen wollte. Für ihre Zukunft. Ob sie es überhaupt für mich tat spielte keine Rolle. Es war wichtig das Anne eine Zukunft hatte. Ob mit oder ohne mir – das konnte sie dann noch in aller Ruhe entscheiden.
Nach einem kurzen Zögern zog ich sie vorsichtig an ihrer Hand in meine Arme. In eine richtige, feste Umarmung – insofern sie diese denn zu ließ – denn sie wirkte für mich das einzige Mittel gegen die Tränen die in ihren wunderschönen Augen brannten. Ich atmete tief während ich meine durchaus trainierten Arme um sie legte. "Ich mag dich sehr Anne." Ich seufzte. In einer Mischung aus glücklich und erschöpft. "Vielleicht auch mehr als ich oder du das gerade überhaupt verstehen können." Es war nicht nur die Verliebtheit die mich eiskalt erwischt hatte. Anne und Roderich waren schließlich auch meine Freunde. Bis vor kurzem hatte ich mir auch nie besonders Gedanken um meine Sexualität gemacht. Immerhin war das kein Thema über das ich sonst so offen sprach. Quidditch und Smalltalk. Das war schon eher immer mein Ding gewesen. Aber es war nicht nur ein kleiner Crush. Mehr als eine Verknalltheit. Vermutlich genau deswegen. Weil ich mit Anne auch befreundet war. Es fühlte sich riskanter an. Aber zugleich auch schöner. Tiefgründiger. Verletzlicher.

Ich spannte mich an, als Emma ihre Arme um mich schloss, Umarmungen waren für mich alles andere als alltäglich, doch schließlich legte ich meine eigenen Arme um das jüngere Mädchen und vergrub einfach das Gesicht an ihrer Schulter, während meine Schultern leicht zitterten. Es schien so einfach zu sein ihr zu vertrauen, in ihrer nähe etwas loszulassen, vielleicht sogar ich selbst zu sein. Ich Schluchzte nicht dramatisch oder wimmerte vor mich hin, ich holte nur immer wieder zittrig Luft, während die Tränen erst nach und nach wieder versiegten, getrocknet durch Emmas Kleidung und ihrer warmen, starken Umarmung. Danke... Meine Stimme brach und ich versuchte es noch einmal, auch wenn meine Stimme weiterhin zitterte und auch recht dumpf klang. Danke. Ich mag dich auch sehr gerne.

Anne in den Armen zu halten – besonders als sie dann auch ihre eigenen Arme um mich legte – war ein wunderschönes Gefühl. Ich hatte grundsätzlich kein Problem mit Körperkontakt. Es lag sehr in der brasilianischen Kultur verankert. Aber so eine Umarmung mit Anne ging über die normalen Umarmungen mit meiner Mutter oder meiner besten Freundin hinaus. Es ging auch über anderen Körperkontakt hinaus. Es war ein schönes Gefühl. Trotz der Tränen die gerade vergossen wurden. Anne war leise als sie weinte. Aber ich konnte ihre Aufgebrachtheit trotzdem spüren. "Du musst dich nicht bedanken." Ich hielt meine Arme fest um sie herum geschlossen. Zwar traute ich mich nicht sie zu bewegen. Aber es war schön Anne trotzdem in meinen Armen zu halten. In der Hoffnung das ich damit etwas bewirken konnte. Etwas Positives verstand sich. "Lass mich einfach für dich da sein." Ich wollte auch wirklich für Anne da sein. Auch wenn ich etwas Zeit benötigt hatte das zu verstehen. Eventuell hatte es dieses dramatische Geständnis am Astronomie-Turm auch nicht von Nöten gewesen. Aber vielleicht war es auch gut das es so gekommen war. Denn wenigstens tanzten wir nun nicht mehr im Kreis.
Also hielt ich einfach für Anne hin und wartete. Während langsam aber doch ihre Tränen versiegten. Getrocknet in meiner eigenen Kleidung und meiner herzlichen Umarmung. Meine Mutter war immer die Beste in Umarmungen gewesen. Zuerst zögerte ich noch ein wenig. doch dann ließ ich die Umarmung doch wieder lockerer. Damit ich Anne die Möglichkeit gab sich auch zu entfernen wenn sie wollte. Ich sah zu dem Picknick. Und musste dann doch ein wenig sarkastisch grinsen. Ich hatte nicht damit gerechnet das so etwas passieren würde. Aber zum Glück hatte ich den Wärmezauber auf das Essen gelegt. Es wäre sonst doch sehr schade gewesen. "Es ist gut das ich den Wärmezauber auf das Essen gelegt habe." Ich schmunzelte etwas. Und beobachtete dann Anne wie sie sich bewegte. Oder ob es ihr gut ging. Ich hatte sie nie so aufgebracht erlebt. Aber ich war froh über alles was ich gesagt hatte. Und über alles was sie gesagt hatte. Wir waren im Reinen. Nun zumindest von unseren Worten her. Die Taten würden dann wohl noch folgen müssen. Aber ich hatte nicht den geringsten Anlass mein Versprechen nicht genau so zu halten wie ich es gegeben hatte.

Ich nickte sacht als Antwort, ja, ich würde versuchen auf Emma zu vertrauen, es tat gut sich jemandem anzuvertrauen. Sicher, Roderich und ich hatten auch schon oft über dieses Thema gesprochen, doch mein bruder war, genauso wie ich, in dieser Welt gefangen, es war schwer einen Blickwinkel von außen zu bekommen. Ich liebte alle unserer Freunde über alles, doch mit keinem konnte ich wirklich hierrüber reden, sie wussten was Sache war und ich wusste wie die Reaktion eines jeden aussah. Gilbert ging es ja ohnehin sehr ähnlich wie uns, auch wenn ihm eine arrangierte Hochzeit nicht viel ausmachen würde, er konnte aus jeder Situation einen gewinn für sich selbst ziehen, und Ludwig, als sein kleiner Bruder, hatte sowieso keinen Druck, da er nicht der Erbe war, auch wenn Gilbert ihn niemals vor die Tür setzen würde, sobald er erbte, wie es andere Erstgeborene taten. Emma lockerte ihre Umarmung und ich nahm das als Hinweis, dass ich mich von ihr lösen sollte. Ich tat es, wenn auch nicht gerne, wobei ich das Gesicht etwas abgewandt hielt, bis ich ein seidenes Taschentuch aus einer Tasche gezogen und begonnen hatte mir die Augen richtig zu trocknen, die nun sicherlich recht verquollen waren. Es wäre schade um das gute Essen. Wir sollten es aber vielleicht doch nicht weiter stehen lassen. Ich war nun wieder gefasster und unglaublich erleichtert, dass wir über das Thema geredet hatten und nicht auseinander gegangen waren. Vielleicht hatten wir ja doch eine kleone Chance miteinander. Ich ließ mich wieder auf der Decke nieder und legte mit einem sanften, auffordernden Lächeln die Hand auf den Platz neben mir, ehe ich sie wieder wegzog um Emma Platz zu machen.

Anne löste sich ebenfalls wieder von mir und trocknete ihre Augen. Sie waren etwas angeschwollen. Aber zugleich sah ich es als ein gutes Zeichen. Wir hatten etwas Großes hinter uns gebracht. Vielleicht waren wir noch zu allem lange nicht bereit. Aber wir hatten es geschafft ein Stück in unserer gemeinsamen Beziehung voran zu kommen. Ein großes Stück lag hinter uns. Und irgendwie... Hatte ich das Gefühl das ein großes Stück nun vor uns liegen würde. Ich würde alles tun um für Anne kämpfen zu dürfen. Und sei es nur als gute Freundin an ihrer Seite. Jeder hatte es verdient sein Schicksal selbst in der Hand zu haben. Ich konnte nicht anders als daran zu denken das Anne so viel mehr verdient hatte. Es war wohl ähnlich wie sie es zu mir gesagt hatte zuvor. ich wusste es einfach.
"Das ist wahrscheinlich richtig." Ich lächelte ihr aufmunternd zu. Und nahm dann mein Sitzkissen um mich direkt neben sie setzen zu können. Ich sprach einen schnellen Zauber und zwei Teller erschienen vor uns beiden. Sowie auch zwei Kelche. Ich deutete auf das Essen direkt vor uns. Es gab frisches Obst – Orangen Erdbeeren und in Form von Marmelade. Kleine Küchlein mit Beeren darin oder mit Zuckerguss. Einen kleinen Stapel Waffeln mit Ahornsirup. Eine Box gebratenes Gemüse. Eine mit Spinat-Wraps. Eine Box mit runden Crackern und eine mit frischem Brot. Aufstriche und Käse. Und zu guter Letzt zum Trinken Butterbier und Kürbissaft. Eine kleine Flasche Feuerwhiskey hatte ich ebenfalls dabei. "Also. 'Was wollen Sie zuerst probieren?'" Beim letzten Satz versuchte ich es tatsächlich mit Deutsch um Anne etwas auf zu muntern. Ich wusste das Anne aus Österreich kam. Aber ich hatte keine Ahnung ob ich den Satz richtig formuliert hatte. Es war schließlich nicht so als ob ich jemals viel Deutsch gesprochen hätte. Meine Mutter erzählte hin und wieder von anderen Ländern in denen sie wegen ihrer Quidditch-Karriere gereist war. Aber es war nicht so als könnte ich sonst Deutsch sprechen. Es war wirklich nur ein Versuch um ihre Stimmung etwas zu erhellen. Hoffentlich mit Erfolg. Ich war mir sicher meine Aussprache war nicht richtig. Und mein Akzept mehr als nur hörbar.

O/T: Da wir uns auf Hogwarts befinden und diese Konversation theoretisch auf Englisch stattfindet...hier noch ein Hinweis: Bei 'Was wollen Sie zuerst probieren?' Versucht sich Emma tatsächlich mit Deutsch. Wahrscheinlich mit grauenvoller Aussprache und Akzent. Over'n'out. XD

Emma setzte sich neben mich und ich ließ den Blick ein weiteres Mal über all die Köstlichkeiten gleiten, die Emma da zusammengerichtet hatte. Ich wollte sie ein weiteres Mal loben, da hörte ich ihren Versuch Deutsch zu sprechen und musste ein Kichern unterdrücken, auch wenn es mir nicht recht gelang. ich hob eine Hand und legte sie leicht über meinen Mund, um das Geräusch zu ersticken. Ich würde gerne mit den Waffeln anfangen. Flüssig kam mir meine Muttersprache über die Lippen und ich lächelte Emma sanft an. Ich wusste gar nicht, dass du etwas Deutsch sprichst. Nun wieder zurück im Englischen, ebenso perfekt wie meine Muttersprache, griff ich nach einer Waffel und legte sie auf meinen Teller.

Anne kicherte und ich lachte ebenso. Es war schließlich auch als Versuch gedacht gewesen sie etwas auf zu muntern. ‚Deutsch sprechen‘ war eine maßlose Übertreibung. Aber ich hatte in letzter Zeit auch ganz schön lange in der Bibliothek verbracht. Und dabei war ich ebenfalls über ein altes Buch der Deutschen Grammatik und Rechtschreibung gestolpert. Dennoch lächelte ich ein kleines Stück verlegen. "Eventuell habe ich schon länger über – das hier – nach gedacht. Und ich hatte überlegt wie ich dich beeindrucken könnte." Das musste ich nun doch zugeben. Immerhin war mir die Idee mit dem Picknick zwar spontan gekommen – zu Weihnachten – aber trotzdem hatte ich in den letzten Tagen Anne kaum aus meinem Kopf bekommen. Vor allem dadurch das ich sie auch noch bis ins Detail zeichnen hatte müssen. Oder viel mehr hatte wollen – für ihr Weihnachtsgeschenk. "Aber Deutsch war wirklich schwierig zu lernen. Die Bücher hier waren auch nicht gerade aktuell. Und Deutsch ist so anders als Portugiesisch oder Englisch." Das waren eben noch immer meine Muttersprachen. Spanisch war für mich auch beinahe das. In Brasilien war es eben normal diese Sprachen zu können. Und Deutsch war doch eine so ganz andere Sprache als die – die ich gewöhnt war – aber wenn Anne sie da so flüssig sprach – in ihrer schönen Stimme – dann musste ich zugeben das sie doch auch eine gewisse Schönheit hatte. Und so viele Wörter. So unglaublich viele Wörter. "Manchmal hört sie sich beinahe an wie Schottisch finde ich." Schottisch hatte auch eher viele harte Laute. Ich lachte wieder und schüttelte den Kopf. "Wenigstens konnte ich dich amüsieren."
Dann folgte ich auch gleich dem Beispiel von Anne. Denn die Waffeln sahen wirklich ausgezeichnet aus. Und zum Glück war alles noch warm. Vorausschauend. "Aber Waffeln sind eine ausgezeichnete Idee." Ich lud mir nicht nur die Waffeln sondern auch gleich ein paar Früchte auf den Teller. Erdbeeren, Himbeeren, Baubeeren. Alles was meiner Meinung nach eben dazu gehörte. Dann nahm ich auch die große Flasche Butterbier hinaus und öffnete sie. Ich deutete auf die beiden Kelche vor uns. "Möchtest du auch etwas Butterbier?" Meine Gastfreundlichkeit hatte ich hauptsächlich von der allgemeinen Freundlichkeit meiner Mutter. Diese liebte nichts mehr als Gäste im Haus. Je mehr desto besser. Eine typisch südländische Art. Man brauchte dazu keine Erziehung in Höflichkeit sondern einfach nur dieses Temperament. "Ich habe übrigens meiner Mamãe geschrieben. Sie hat gesagt sie freut sich bereits dich und Roderich kennen zu lernen und kann es kaum erwarten euch den Karneval näher zu bringen. Wir werden wahrscheinlich im Haus von einem Cousin unterkommen. Da sollte mehr als genug Platz für alle sein für jeden der keine Unterkunft findet. Sie hat auch erwähnt das ihr gerne noch eure eigenen Gäste einladen könnt. Frey und Freya werden wahrscheinlich auch dabei sein. Ich hätte vielleicht auch noch andere eingeladen." Ich zögerte kurz und lächelte dann etwas schüchtern. "Was aber nicht bedeutet das wir nicht auch ein Mal einen Moment für uns allein haben werden. Unser Haus dort liegt direkt am Meer."

Ich lächelte zart über Emmas Worte, denn sie musste mich nicht beeindrucken, das hatte sie schon lange getan. Es ist zwar sehr anders, aber sie gehören doch zur selben Sprachfamilie, den Indogermanische Sprachen, wenn auch nicht zur selben Unterfamilie. Viele Worte ähneln sich und so kann man erahnen welchen Sinn sie haben. Allerdings ist die deutsche Gramatik sehr viel anders als die in den meisten anderen Sprachen. Das führte leicht zu Verwirrungen, einen deutschen Satz zu bauen konnte weitaus schwieriger sein als einfach nur deutsche Worte zu sprechen. Beides sind sehr harte Sprachen, da hast du wohl recht. Für mich, als Muttersprachler, war Deutsch nicht so hart wie es andere darstellten, doch ich sah ein warum man es so sehen konnte. Auf das angebotene Butterbier nickte ich dankend und hörte Emma dann aufmerksam und auch erfreut zu, als sie über die Ferienpläne sprach. Ich hoffe wir machen euch keine zu großen Mühen. Es störte mich nicht, dass Frey und Freya und auch andere dabei sein würden, zumindest von den beiden Gryffindors wusste ich, dass sie recht angenehme Gesellen waren mit einer noch tieferen verbindung als Roderich und ich. Jede Zeit mit dir ist mir viel wert, auch wenn jemand anderes dabei ist.

Das diese Sprachen zur selben Familie gehörten hatte ich tatsächlich gar nicht gewusst. Auch wenn man es wohl hätte erraten können. Aber ich hörte Anne dennoch aufmerksam zu. Es half dabei auch das mein Blick sowieso automatisch manchmal wie von selbst zu ihren schönen – sicherlich weichen – vollen Lippen wanderte. Also hing ich quasi sowieso an ihren Lippen. Ich nickte nur und lächelte dann. "Das ergibt tatsächlich Sinn." Das Buch das ich gefunden hatte war auch sehr dick gewesen. Ich ging also davon aus das die deutsche Rechtschreibung und Grammatik sehr ausführlich war. Oder zumindest sehr kompliziert. Ich goss Anne etwas von dem Butterbier ein und mir selbst dann auch. "Vielleicht könnte ich irgendwann Deutsch wirklich lernen." Ich lächelte Anne an. "Für dich." Meine Mamãe hatte immer gesagt es sei wichtig sich für seinen Partner zu interessieren. Man konnte es zynisch sehen und sagen – das sie ihren schließlich verloren hatte – allerdings war meine Mutter schon immer ein Freigeist gewesen. Ich bezweifelte das sie jetzt noch nach einer festen Bindung suchte. Viel mehr nach freier Liebe.
Als hätte ich nichts gesagt stellte ich die Flasche Butterbier auch schon wieder hin. Dann erfasste ich meinen Kelch und hielt ihn Anne zum Anstoßen hin. Ich konnte nur den Kopf schütteln als ich hörte was sie sagte. "Du wirst das nicht mehr sagen wenn du erst meine Mamãe kennenlernst. Das Einzige was ihr ihr machen werdet ist eine zu große Freude. In Brasilien gilt oft je mehr Gäste desto besser. Egal woher sie stammen oder wie sie heißen." Es war auch durchaus Gang und Gebe die Nachbarschaft ein zu laden. Selbst wenn man sich noch gar nicht kannte. Oder man aus sehr unterschiedlichen Verhältnissen stammte. Ich war gespannt ob meine kleine Schwester uns dieses Jahr begleiten durfte. Ihre Mutter war oft immer etwas zögerlich ihr Kind in die Hände meiner Mutter zu geben. Wahrscheinlich wohl wegen der ganzen magischen Sache – diese war doch nicht unbeachtlich. Auf den Kommentar mit der wertvollen Zeit sah ich etwas zu tief in meinen Kelch hinein. Als wollte ich den Boden dort erkennen. Meine Stimme wurde etwas leiser. "Das sagst du doch nur so."