In dem einen Moment trug ich noch ein breites Grinsen im Gesicht und im nächsten Moment hatte sich mein Kiefer schon wieder verhärtet. Ich wusste genau, was meine Familie von meiner Mutter hielt und wie die ewigen Gerüchte wohl nie verschwinden würden, dass es sich bei ihr um gar kein Reinblut, sondern eine Halbbrut handelte. Es war mir egal, ich mochte alle Tierwesen und ich konnte auch dieses ewige Beharren auf den Blutstatus nicht einsehen, Unantastbare Achtundzwanzig hin oder her, aber es so direkt an die Stirn geworfen bekommen, löste doch ein sehr unangenehmes Gefühl in mir aus. Ich mochte vielleicht schlagfertig sein, aber in dem Moment biss ich mir einfach nur auf die Unterlippe und sah dann demonstrativ zur Seite, wie um zu sagen, sie solle doch selbst nachsehen, ob sie Kiemen entdecken könnte.

Ala Aurelien nicht antwortete buchte ich das erst einmal als Sieg für mich und beschloss dann, dass ich meinem etwas schlechtem Gewissen nachgeben konnte. Ich legte den Kopf schief und trat einen Schritt näher. Och komm, ich hab doch gesehen, dass du keine Kiemen hast, ich sitze im Zaubertrankunterricht neben dir, glaubst du nicht das war das erste was ich nachgesehen hab? Ich grinste leicht und machte einen Schritt zur Seite, um wieder in Aureliens Blickfeld zu sein. Und für einen Wassermensch bist du gar nicht kaltblütig genug.

Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt Alex wieder in die Augen zu sehen, aber sie machte es einem wirklich nicht leicht, indem sie direkt in mein Blickfeld trat und ich einfach nur stur meine Arme vor mir verschränkte. Dann fiel mir allerdings etwas ein, womit ich mich ganz problemlos rächen konnte. Nicht kaltblütig genug, hm?, fragte ich sie also direkt in Meerisch, der Sprache der Wassermenschen, die tatsächlich jeder Mensch lernen konnte, der das denn auch wollte. Meine Mutter hatte sie mir beigebracht, mit oder ohne das Wissen meines Vaters. Unter Wasser klang diese Sprache sehr ähnlich den menschlichen Sprachen, aber über Wasser war nur eine Folge komischer Geräusche zu verstehen, die für menschliche Ohren einen unerträglichen Klang abgaben.

Meine Augenbrauen wanderten beide nach oben und ich kam zu dem Schluss, dass ich bei Aurelien nie wieder ein schlechtes Gewissen zu haben brauchte, denn die Geräusche die er da von sich gab waren ziemlich ekelhaft für meine Ohren. Ich habe keine Ahnung was du damit meinst, aber wenn dich meine Worte scheinbar so wenig stören hast du dir den Spitznamen "Fischjunge" wirklich redlich verdient.

Blubb, Blubb., machte ich in einem trockenen, sarkastischen Tonfall, da ich tatsächlich sehr zufrieden war, dass ich sie zumindest mit diesen Geräuschen ein wenig quälen konnte. Es war mir doch völlig egal, ob ich nun ein Reinblut oder eine Halbbrut war, aber ich konnte es einfach nicht ab, wie abwertend das sofort gesehen wurde und wie sehr das immer meine Mutter mitnahm. Wenn sie mich jedoch persönlich beleidigen wollte, hatte ich schon schlimmeres als "Fischjunge" gehört, aber selbst da musste ich zugeben, dass es mir noch immer einen kleinen Stich verpasste. Abschalten konnte ich diesen Scham nicht. Pass auf, sonst ziehe ich dich unter Wasser und lasse dich nie wieder los.

Och, so gerne hast du mich? Da fühle ich mich ja geschmeichelt. Aus meinen Worten tropfte der Sarkasmus, doch vorerst ließ ich das Thema Wassermensch ruhen. Wenn Aurelien mich aber noch weiter reizte würde ich damit wieder anfangen. Ich hatte noch viele Sprüche auf Lager.

Was soll ich denn nur gegen deinen Charme tun, du bist quasi unwiderstehlich., sagte ich mit besonders langgezogenen und ironisch ausgesprochenen Worten, als wäre es für mich selbst schon mühsam genug diesen Satz überhaupt aussprechen zu müssen. Insgeheim war ich allerdings froh, dass sie das Thema Wassermenschen erst einmal bleiben ließ, da ich noch immer niemand wirklich hatte, mit dem ich außerhalb meiner Familie darüber sprechen konnte. Allerdings kam ich auch gar nicht darum herum mich kurz zu fragen, ob Alex dafür vielleicht nicht sogar die richtige Person war, immerhin kam sie auch aus einer Reinblutfamilie oder vielleicht eben deswegen genau die falsche.

Ich weiß, ich weiß, ich bin schon sehr toll. Ich nickte sehr von mir überzeugt, doch auch in meinen Worten schwang weiterhin Sarkasmus mit. Dann hob ich die Hände, richtete mein Revers nun doch endlich wieder und gähnte. So, da wir nun festgelegt haben, dass ich toll bin und du nicht, was machst du hier draußen überhaupt?

Einen Moment dachte ich daran zu lügen, aber ich entschloss mich dann doch dagegen, denn eigentlich hatte Alex ja absolut recht. Was machte ich schon hier draußen. Ich wollte meine Ruhe haben., antwortete ich also wahrheitsgemäß, Das scheint aber nicht so gut funktioniert haben. Im Gegensatz zu davor schwang dieses Mal wieder kein Gift in meiner Stimme mit, sondern vielmehr Belustigung. Dann hob ich allerdings beide Augenbrauen und musterte Alex einmal genau. Und du?

Nein, Ruhe kriegst du hier nicht. Ich schüttelte den Kopf, steckte die Hände wieder locker in meine Hosentaschen und zuckte mit den Schultern. Die Heulende Hütte lag ruhig vor uns, kein Geist schien im Moment darin aktiv zu sein. Mir war langweilig, warum nicht also ein Spukhaus besuchen?

Du bist komisch., meinte ich, auch wenn es eigentlich mehr aus der Neugierde heraus stammte, als aus der Anlehnung des Fremden. Außerdem konnte ich nun wirklich nicht groß reden, immerhin stand ich auch hier. Bisher hatte mich zumindest noch kein böser Geist angeredet und verflucht worden war ich auch noch nicht.

Ach, ich bin die Komische hier? Ich grinste und sah extra auffällig von Aurelien zur Heulenden Hütte und wieder zurück. Ich weiß ja nicht wer früher hier war. Ich fixierte meinen Blick nun völlig auf die Hütte und legte leicht den Kopf schief. Aber so von nahem ist diese Hütte einfach nur langweilig.

Ich konnte gar nicht anders, als ihr Grinsen zu erwidern und spielerisch die Augen zu verdrehen, immerhin war ich nicht hierher gekommen, um aus Langeweile ein Spukhaus zu besichtigen. Du hast recht, bisher spukt es noch sehr wenig., meinte ich nachdenklich, Entweder sind das alles nur böse Gerüchte oder es wird nur zu bestimmten Zeiten gespukt. Mit bösen Gerüchten kannte ich mich bestens aus, aber andererseits wollte ich auch kein direktes Risiko eingehen, auch wenn ich einer Gefahr natürlich entgegen schreiten würde. Dumm, mochten mache sagen, mutig, sagte ich.

Ich glaube das sind nur Gerüchte, aber wer bin ich das unbewiesen zu lassen? Ich grinste und setzte mich in Bewegung, um näher an das Haus heran zu schlendern, das von den Bewohnern von Hogsmead gemieden wurde, als würde es sie fressen. Komm schon mutiger Gryffindor, oder lässt du die Jungfer in Nöten am Ende alleine gehen?

Plötzlich neugierig hob ich eine Augenbraue, denn sie hatte mein Interesse geweckt. Das Haus war zwar eigentlich von einem Zaun umgeben, aber die meisten trauten sich noch nicht einmal auf ein paar Meter in die Nähe der Hütte. Also eine Jungfer in Nöten sehe ich hier nirgends, nur eine bissige Kratzbürste., kommentierte ich halb lachend, denn auch wenn es nur ein Witz war, hatte sie absolut recht. Ich war nun einmal innerlich ein wahrer Vertreter der Ritterlichkeit und ich würde sie bei so einer Expedition sicher nicht alleine lassen, weshalb ich natürlich sofort folgte.